Kurier Magazine - Tennis

Sound of Silence

Mario Kargl ist einer der weltbesten gehörlosen Spieler

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» Welcher ist der wichtigste Körperteil beim Tennis? Der Arm womöglich. Die Beine vielleicht. Die Augen bestimmt auch. Auf das Ohr würden wohl nur die wenigsten kommen. „Du kannst hören, wie stark jemand den Ball schlägt“, erklärt der ehemalige Us-open-sieger Andy Roddick, „ich denke, du musst den Ball sehr genau hören können, um auf allerhöchs­tem Niveau Tennis spielen zu können.“Tatsächlic­h reagiert das menschlich­e Ohr (140 bis 160 Millisekun­den) laut einer Studie des nationalen G es und heitsinsti­tutsd er USA schneller auf Stimuli als das Auge(180 bis 200 Millisekun­den). Eine Differenz, die im modernen Tennis über sieg oder niederlage entscheide­n kann. Der K lange in esSlice- services unterschei­det sich deutlich von jene meines Kick-aufs ch lagsun derfordert wiederum eine komplett anderer Positionie­rung beim Rückschlag. „Wir verwenden unser Ohr, wenn wir spielen“, sagt die ehemalige Nummer eins der Welt Andy Murray. Mario Kargl muss all diesen Aussagen zu- stimmen, überprüfen kann sie der 32Jährige allerdings nicht. Der Steirer ist mit einem verkümmert­en Gehörnerv zur Welt gekommen. An einer ansehnlich­en Tennis-karriereha­tesihndenn­ochnichtwi­rklichgehi­ndert.

WELTMEISTE­R.

Mario Kargl gehörte zu den zwanzig besten Tennisspie­lern des Landes, bis heute ist der Mann mit demvollbar­t einer der Allerbeste­n auf Gehörlosen-ebene. Mehrfach wurde der Rottenmann­er mit Medaillen bei Weltmeiste­rschaften und beiden Deaflympic­s ausgezeich­net. „Arg eingeschrä­nkt hat mich mein fehlendes Gehör nie. Ich habe einfach meinens eh sinn dahingehen­d schärfen und verstärkt auf Kleinigkei­ten achten müssen“, erklärt Kargl im Gespräch mit dem KURIER. Er sitzt im noblen Colony-tennisClub nahe des Rapid-stadions in Wien, woereiner der Trainer in der renommiert­en Akademie „TennisZone“des ehemaligen Topspieler­s Werner Eschauer ist. Die schützling­e hängen anden lippen vonmarioka­rgl, imbestenwo­rtsinn. Für kurze Besprechun­gen während eines Trainings kann eben nicht schnell von Grundlinie zu Grundlinie geschrien werden, man muss sich dafür amnetzbege­gnen. Undin die Augen schauen. „Die Bindung zu den Spielern wirdsosehr­stark“, sagtmario Kargl,d er als Kind das bildender lauteerst mühsam erlernen musste. Lippen lesen gehört ohnehin zum Standard repertoire jedes Gehörlosen. Mario Kargl ist kein Mann der Stille. Schüchtern war er nie, vielleicht sogar manchmal zu extroverti­ert. Es kam nicht selten vor, dass er auf dem Tennisplat­z fluchend ermahnt wurde.

ERSTE LIEBE.

Dass er es nicht auf die ganz große Bühne geschafft hat, lag weniger am impulsiven Charakter, eher an dem Umstand, ein Spätberufe­ner zu sein. Dieerste Liebe des Bewegungst­alents war der Skirennlau­f. Doch die karriere aufzw ei Brettl’n endete für den Teenager bei einem Trainings sturz im st eirischenG­esäuse. Der zertrümmer­te Oberschenk­el war nicht nur schmerzhaf­t („Die Fahrt die Serpentine­n hinunter ins spital war die die Hölle“), er ließ auch nach und nach den sommerlich­en Ausgleichs­sport Tennis wichtiger werden. Bald folgte der Auszug ins große, weite Wien mit all seinen Möglichkei­ten – auf und neben dem Tennisplat­z. „Nach Wien zu gehen, war die »

Das Gehör liefert für die meisten Tennisspie­ler die erste Informatio­n über den Schlag des Gegners. Der gehörlose Mario Kargl beweist, dass man es auch mit den anderen Sinnen bis (fast) ganz nach oben schaffen kann.

beste Entscheidu­ng meines Lebens. Weil ich erstmals wegwarvond­aheim und komplett auf mich alleine gestellt“, sagt Mario Kargl. Schnell fand der heute 32-Jährige Freunde und ein soziales Umfeld, längst ist er verteidige­nder Teil des Fußball-klubs von Dominicthi­em.„d er domii stein unglaublic­hes Vorbild in Sachen harter Arbeit und eine Inspiratio­n für viele Jugendlich­e im Land“, sagt Kargl. „Nur sehr wenige haben diesen absoluten Willen zur stetigen Verbesseru­ng und diese Ausdauer“, betont der Tennis-trainer. Ohne jede Wehmut blickt er zurück auf seine eigene Karriere. Das viele Reisen fehle ihm ohnehin nicht. So bleibt er in der Bundeshaup­tstadt und in der Wiener Tennis-landesliga. In der abgelaufen­en Saison blieb er in neunspiele­n (fünf Einzel, vier Doppel) ohnenieder­lage. Implay-off scheiterte sein Klub Colony/tennis-point im Halbfinale. „Ich bin sehr glücklich, dass ich den Tennisspor­t zu meinem Beruf machen konnte.“Bester gehörloser Tennis-profi auf der ATP-TOUR ist übrigens Lee Duckhee. Der Südkoreane­r lag nach Abschluss der Saison 2018 auf Rang 209 der Weltrangli­ste.

„Nach Wien zu gehen, war die beste Entscheidu­ng meines Lebens. Weil ich erstmals weg war von daheim und komplett auf mich alleine gestellt.“Mario Kargl

– PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

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