EIN BESUCH BEIM BALLERMANN
» Kommt er, oder kommt er nicht? Das ist in Manacor auf Mallorca die tägliche Frage. Die Rede ist von Tennis-superstar Rafael Nadal, der doch glatt die Chuzpe besitzt, unangemeldet in seiner eigenen Akademie aufzutauchen und einen Sandplatz für sein Trainingzubeanspruchen.„manweiß im Voraus nie, wann er auftaucht“, erzählt Joan, Kellner im Café der Akademie. „Nur an Sonntagen macht er meistenseinepause. Wennernichtgerade bei einem Turnier im Einsatz ist, kommt er regelmäßig vorbei.“Daher begab sich der KURIER an einem Montagmorgen zum Lokalaugenschein nach Manacor, nur 13 »
Einmal Rafael Nadal beim Training zuschauen. Ein zweistündiger Hochgenuss zwischen Schwitzen, Stöhnen, Selfies und Autogrammen.
Kilometervonnadalswohnortporto Cristo an der Ostküste der BalearenInsel entfernt. Dort, wo viele Buchten schönestrandabschnitte mittürkisem Wasser zur Entspannung bieten. Einheimische wie Touristen haben sich eingefunden und schon vorsorglich ihre Mobiltelefone gezückt: Blitzschnelles Reagieren garantiert die besten Schnappschüsse. Von den acht Sandplätzenderakademie, diezudem über 18 Hartplätze verfügt, sind an diesem bewölkten und windigen
Montag sieben besetzt. Nur auf Pista 6 herrscht eine heilige Ruhe. Die Linien sind gezogen, der Platz ist bestens vorbereitet, als würde er nur darauf warten, von jemand Besonderem betreten zu werden. So soll es auch dann auch sein.
Um 10.15 Uhr ist jenes Geräusch zu vernehmen, das die Schaulustigen aufblicken und über ihre Gesichter breit grinsen lässt.
DER MEISTER ERSCHEINT.
Es handelt sich um ein tiefes Brummen, das von einem satten Gurgeln unterbrochen wird. Der Meister fährt vor, in einem Mercedes AMG, tiefergelegt, ein Geschoß von einem Wagen. Señor Nadal öffnet den Kofferraum und schleppt seine Tennistaschen. Neben ihm schreitet sein Trainer Carlos Moya, seines Zeichens ehemalige Nummer 1 im Tennissport und somit ein durchaus ebenbürtiger Partner. Mit von der Trainingspartie darf an diesem Tag der 18-jährige Jay
sein, ein hochtalentierter Virtuose im Racketschwingen. 90 Minuten lang schießt er mitnadaldiefilzkugelüber das Netz, der Großmeister kommt trotz gar nicht mediterraner 15 Grad dabeigehöriginsschwitzenundwechselt gleich zwei Mal sein Trikot. Bei der über zweistündigen Einheit geht Nadal trotzdem nicht an seine Grenzen, behutsam muss der 32-Jährige mit seinem geschundenen Körper umgehen. Selbst sein Onkel und ExTrainer Toni Nadal meinte in der
Sportzeitung AS: „Rafael ist kein Tennisspieler, sondern ein verletzter Mensch, der Tennis spielt.“Nadal bereitet sich wohldosiert auf die Sandplatz-saison vor, die in Monte Carlo ihre fürstliche Eröffnung erfuhr. Nach dem Training ist vor dem Autogrammeschreiben. Nadal verhält sich seinen Fans gegenüber als nahbarer Star, signiert sämtliche Shirts, Bälle und Kappen, die ihm entgegengestreckt werden, er posiert geduldig für Fotos. Einenichtmehrganzjungefrauerhält das Privileg, flankiert von ihren Enkelinnen dentrainingsplatz zubetreten, um Nadal zu begrüßen. Huldigend hebt sie die Hände, zärtlich und lächelnd umarmt sie der Superstar. Als würde der Sohn nach getaner Arbeit seine Mama begrüßen.
Nach soviel Zärtlichkeit flaniert Nadal zum Auto, packtdietaschenwiederein, steigt für ein finales Autogramm noch einmal aus, ehe er laut brummend von »
VERZÜCKTE FANS.
dannen braust. Die Audienz ist beendet, die Kameras werden wieder eingepackt. Schön war’s. Unterdessen flucht ein Elfjähriger „¡Dios mio!“. Er hat soeben einen Volley leichtfertig ins Netz gesetzt. Sein Doppelpartner muntert ihn auf, der Trainer verdreht die Augen, der Papamachtjenseits des Zauns ein Gesicht, als hätte er sich soeben einen rostigen Nagel in den Zeh gebohrt. „Um die 150 Jugendliche haben wir hier in der Nadal Academy“, erzählt
Jaime, einer der vielen Trainer. Die Youngsters werden – neben der schulischen Ausbildung – vor allem auf das Leben als möglicher Profi vorbereitet. Dochauch Amateure finden Einlass in die Akademie. Zumbeispiel, wenn sie eines der Zimmer im zugehörigen Hotel buchen, was einem zumindest 450 Euro pro Woche wert sein sollte.
Rezeptionistin Maria verrät aber: „Sie müssen nicht hier wohnen, um spielen zu dür
SPIELEN FÜR JEDERMANN.
fen. Rufen Sie am Vortag einfach an. Ab 17 Uhr ist auf alle Fälle etwas frei, wenn die Academy-spieler mit dem Training fertig sind.“Na dann, auf geht’s zu Nadal. Wen es weiter wegzieht als Mallorca, der könnte sich vielleicht im Winter auch bei Nadal einquartieren, allerdings in der neuen Akademie an der Costa Mujeres in Mexiko. Diese lockt Kurzentschlossene mit schmackhaften Weihnachtsangeboten unter karibischer Sonne im Coral Hotel oder im
Palladiumspahotel. Nadalhatneben seinen Akademienaufmallorca undin Mexiko zuletzt ein weiteres PrestigeProjektvorgestellt: Auchingriechenland versucht er, die Tennis-euphorie rund um Stefanos Tsitsipas und Maria Sakkari zu unterstützen.
„Ich bin dem Sani Resort sehr dankbar. Das stärkt die Expansion unserer Akademien“, sagt der Spanier über das Projekt in Südeuropa. Sani ist ein beliebter Urlaubsort auf der Halbinsel Chalkidiki in der Nähe von Thessaloniki. Die neueste Filiale der Rafa Nadal Academy soll im sogenannten Sani Resort eingegliedert werden, einem Hotelkomplex, der sich über 400 Hektar erstreckt. „Unser Ziel ist es, hochqualitatives Tennis-training für unsere Gäste und Menschen in unserem Einzugsgebiet anbieten zu können. Sie sollen an Kursen und Programmen teilnehmen können, die für alle Spielerprofile und -stärken maßgeschneidert sind“, heißt es auf der Homepage der Rafanadalacademy. Dietrainer, die in Griechenland das Tennis Center leitenwerden, wurdenschonüberzwei Monate in der Akademie auf Mallorca ausgebildet – unter anderem vom Vorsitzenden Toni Nadal und dem Technischen Direktor Carlos Moya.
NACHWUCHSARBEIT.
Einen weltberühmten Trainer wird Nadal in seiner Akademie auf Mallorca vielleicht in einigen Jahren begrüßen dürfen: Rogerfederer.„eswürdemirgefallen, junge Spieler zu unterrichten“, gestand der Schweizer im Wochenmagazin Sportweek. Und er weiß auch, wo: „Es würde mir gefallen, dies in der Akademie von Rafael Nadal zu tun.“Federer ist seit der Eröffnung, bei der er Ehrengast war, ein bekennender Fan der Talentschmiede des Spaniers. Selbst seinen eigenen Nachwuchs würde er nach Manacor, in Rafas Heimatort, schicken, um ihm im Tennis den Feinschliff zu verpassen. „Wenn meine Kinder eines Tages Tennis spielen möchten, werde ich sie mit Sicherheitdahinschicken“, sagtederschweizer. Man stelle sich vor, ein Talent kommt auf Mallorca zum Training underhälttippsvonrafaelnadalund Roger Federer. Ehrlich: Würden Sie sich von diesen beiden etwas sagen lassen? – ALEXANDER STRECHA
TRAINER FEDERER.