LINZ WAR EIN KINDERSPIEL
Tennis-wunderkind Cori Gauff feierte beim Upper Austria Tennis Ladies in Linz ihren ersten Turniersieg. Lokalmatadorin Barbara Haas kam ebenfalls ins Endspiel. Auch sonst war das Turnier ein Erfolg auf allen Linien.
» Peter-michael und Sandra Reichel haben einmal mehr alles richtig gemacht. Die beiden wichtigsten Leute im österreichischen Damen-tennis sorgtenerneuttrotzfehlendenhauptsponsors für ein großartiges Teilnehmerfeld, auch kräftig unterstützt vom sportbegeisterten Land Oberösterreich. Und sie bekamen viel zurück. Cori Gauff konnte kurzfristig geholt werden, das Wunderkind scheiterte dann zwar in der Qualifikation, kam aber als Lucky Loser noch in den Hauptbewerb. Der Rest ein kleines Stück österreichische Turniergeschichte, die 15-jährige Amerikanerin holte ausgerechnet in Linz ihren »
ersten Wta-titel. Vielleicht ein kleiner Schritt für die Ewigkeit. Abernicht nur Gauff ließ die Linzer jubeln. Wiein Kitzbühel (Sieger Philipp Oswald und Dominic Thiem) und Wien (Sieger Thiem) verlief beim Upper Austria Ladies der Finaltag mit österreichischer Beteiligung. Allerdings ohne Happy End.
Barbara Haasmusste sich nach einer grandiosen Turnierwoche mit ihrer Schweizer Partnerin Xenia Knoll erst im Endspiel geschlagen geben. Das Duounterlag den topgesetzten Tschechinnen Barbora Krejcikova/katerina Siniakova nach guter Gegenwehr mit 4:6,3:6.Damit wurde nichts aus dem ersten WTADoppel-titel mit Österreich-beteiligung seit Sandra Klemenschits, die 2013 in Bad Gastein an der Seite von Andreja Klepac (SLO) gewonnen hatte. Fürhaasbliebesdennochihrbisher größtererfolgauftour-ebene, sie war zuvor noch nie in einem Endspiel gestanden (auch nicht im Einzel). „Wir haben heute zwar nicht unser bestes Tennis gespielt, aber insgesamt haben Xenia und ich eine tolle und auch erfolgreiche Woche erlebt“, erklärte Haas. Alles überstrahlt hat natürlich Cori Gauff, auch Coco genannt.
ERSTESFINALE.
Die 15-Jährige, die von ihrem Trainer-vater Corey begleitet wurde, krönte ihren Sensationslauf beimmit250.000dollar dotierten Turnier mit dem Titel. Gauff besiegte die lettische Ex-frenchOpen-siegerin Jelena Ostapenko
TALENTPROBE.
nach 1:39 Stunden mit 6:3, 1:6, 6:2 und sicherte sich damit ihren ersten Wta-siegerscheck.
Gauffistdamitjüngste Tour-siegerin seit Nicole Vaidisova vor 15 Jahren in Taschkent. Gauff ist auchjüngerals Serena undvenuswilliams(beide 17), als diese Us-stars ihre ersten Titel holten. Die in Delray Beach (Florida) geborene und lebende Rechtshänderin klettert nach Linz vom 106. auf den 71. Rang und damit erstmals und klar in die Top 100. Gauff gilt als aktuell größtes Talent der WTA-TOUR und hat 2019 unter anderem das Wimbledon-achtelfinale sowie die dritte Us-open-runde erreicht.
HISTORISCHES.
In Linz hatte sie eigentlich enttäuschend in der zweiten Qualifikationsrunde verloren, doch sie rutschte wegen einer Verletzung von Maria Sakkari (GRE/6) noch als Lucky Loser ins Hauptfeld. Besser hätte man diese zweite Chance nicht nutzen können. Nach Camila Giorgi im Vorjahr ist nun wieder eine Spielerin mit den Initialen „CG“Linz-siegerin. Gauff darf sich neben 250 Wta-punkten auch über 43.000 Us-dollar (38.938,69 Euro) Preisgeld brutto freuen.
GLÜCKLICHE VERLIERERIN.
Das Riesentalent, das vonseinem Vater Corey gecoacht wird und dessen Mutter Candi via Luxemburg schon zum Halbfinale angereist war, war überglücklich. „Ich danke Gott, dassermichunterstützthat, und ich danke meinen Eltern. Es war eine
GOTTESLOB.
aufregende Woche. Ich hoffe, ich kommeinderzukunft wieder zurück. Ich werde mich an diesen Moment für den Rest meines Lebens erinnern“, freute sich die Turniersiegerin. Sie hat in ihrer jungen Karriere gleich mehrere Meilensteine in der oberösterreichischen Hauptstadt gesetzt: erster Sieg über eine Top-ten-spielerin (die topgesetzte Niederländerin Kiki Bertens), erstes Halbfinale, erster Turniersiegunderstmaligervorstoßindie Top 100.
Gauff wurde bei der Siegerehrung mit Geschenken
ABSCHLUSSPARTY.
überhäuft. Sie erhielt beispielsweise ein Dirndl und eine Linzer Torte und wird Österreich, im Gegensatz zu vielen ihrer Landsleute, nie mit Australien verwechseln. Sportlich fair zeigte sichdieseitdiesemturniervonmarion Bartoli gecoachte Finalistin Ostapenko. „Das ist natürlich nicht das Resultat, das ich wollte. Aber Coco, du hast ein tolles Turnier gespielt, undich gratuliere dir, du hast wirklich eine große Zukunft vor dir.“Für Turnierdirektorin Sandra Reichel war der Ausgang im Jahr vor der 30. Auflage des Turniers großartig. „Überwältigend. Ich bin sprachlos.
Coco Gauff zuzuschauen: was sie mit 15 für eine Reife, eine Athletik hat.“
Ein richtiges Tennis-idol besuchte Linz am 8. Oktober: Sponsortermine führten die zu diesem Zeitpunkt verletzte Maria Scharapowa an die Donau, wo die 32-Jährige über die Zukunft plauderte. Das Feuer und die Leidenschaft sind nach all den Jahren immer noch da. „Ich bin mir viel mehr bewusst, was man leisten muss.“„Als ich hier als 19-Jährige gespielt habe, hätteichnichtgedacht, dassichmit 32Jahrennochspielenwerde. Ichliebe den Sport, ich bin eine große Kämpfe
WELTSTAR.
rin. Aber ich bin der Ziellinie meiner Karriere sicher näher.“Eines weiß die Russin aber bestimmt: Trotz ihrer zahlreichen anderen Geschäfte, ihrem Sport möchte sie in irgendeiner Formerhalten bleiben. „Ich könnte dem Tennis nie ganz den Rücken kehren. Der Sport hat mir so viel gegeben, und ich fühle, ich könnte auch etwas beitragen“, sagte Scharapowa und ließ sich mit Turnierbotschafterin Barbara Schett ablichten.
Auch sonst gab es viele strahlende Gesichter in Linz. Wenn in Österreich über »
BEDEUTUNG DES TURNIERS.
Tennis gesprochen wird, geht es zumeistumdiebefindlichkeitenvondominic Thiem, der kurz zuvor in Peking seinen 15. Turniersieg mitnahm. Gelegentlich geht es auch um seine Daviscup-kollegen. Tennis ist männlich im Lande. Einzige Ausnahme: Das Turnier in Linz, das Spielraum für Diskussionen über den Damen-tennissport lässt. Hier gehen Weltklasse-profis aus und ein, hier wird seit nunmehr 29 Jahren Tennis auf höchstem Niveau geboten. Allerdings seit Langem nicht mit österreichischer Beteiligung. Die bislang letzte ÖTV-DAME, die in Linz ein Match gewonnen hat, ist längst nicht mehr aktiv: Patricia Mayr-achleitner erreichte 2013 sogar das Viertelfinale. Dennoch gewinnt das Turnier ausgerechnet in Krisenzeiten immer mehr an Bedeutung für Österreichs in Mitleidenschaft gezogenes Damen-tennis. So durfte Barbara Haas, als Nummer 147 der Welt beste Österreicherin, 2019 zum fünften Mal versuchen, ein Match imhauptbewerb zu gewinnen. Starke Gegnerinnen waren oft schuld, dass dieses Vorhaben nicht schon gelang, doch die Lokalmatadorin weiß: „Solche Turniere würde ich mehr brauchen, um nach oben zu kommen.“Die 23-Jährige schied aber in Rundeeinsaus, sie unterlag der Russin Anastasia Pawljutschenkowa 3:6 und 3:6. „Diese Wildcards sind enorm wichtig für die jungen Spielerinnen, weil sie sich messen können“, sagt Turnierbotschafterin Barbara Schett. Denn neben Haas bekam auch die gleichaltrige Julia Grabher (Nummer 241 der Welt) Gelegenheit, sich mit Topspielerinnen zu messen. Die Vorarlbergerin gab eine vielversprechende Talentprobe ab, unterlag aber der Slowakin Viktoria Kuzmova 4:6, 2:6. Die Strahlkraft des Turniers reicht aber weiter. „Als ich nochganzamanfangmeinerkarrierestand, warestoll, diese Weltklassespielerinnen zu sehen. Als ich dann erstmals dabei war und mich messen konnte, hat sich das sehr positiv auf meine Karriere ausgewirkt“, sagt Schett, die es bis auf Rang sieben der Weltrangliste schaffte. Der Nachwuchs hat große Bedeutung. „Wir laden viele Jugendliche ein, deren Ansporn größer wird, wenn sie sehen, was alles möglich ist.“Viel möglich machen will der Österreichische Tennis-verband (ÖTV). Marion Maruska, Fed-cup-kapitänin, zuständig für Österreichs Damen-tennis und einst selbst Top100-Spielerin, sieht das Turnier als wesentlichen Baustein für eine bessere Zukunft in ihrem Ressort. „Dieses Turnier entfacht vor allem Begeisterung für diesen Sport“, sagt Maruska. Der ÖTV kooperiert eng mit dem Turnier. So wurde ein Bewerb für Talente gespielt, die Siegerin bekam eine Wildcard für die Qualifikation. Die Vorarlbergerin Emily Meyer machte dabei einen guten Eindruck undverlor gegen eine Top-100-spielerin zwei Mal 4:6. „Da hat sie gesehen, dass die Topspielerinnen auch nur mit Wasser kochen.“Der ÖTV arbeitet emsig daran, die Turnierlandschaft zu erweitern. Neben Linz gab es 2019 noch die 25.000-Dollar-turniere in Wien und St. Pölten. „2020wollen wir zwei weitere kleine Turniere installieren“, sagt Marion Maruska. Als Sprungbrett für eine Karriere.