VOM LOKAL ZUM CENTRE COURT
» Zugegeben, dem Schreiber dieser Zeilen war Tennis nicht wirklich sympathisch gewesen. Weil man uns Nachkriegskinder hatte spüren lassen, dassessichumeineelitäresportart für wohlhabende Leut’ handle. Zumindest im noblen Wien-döbling empfand ich das so. Dort, wo Österreichs ältester Fußballklub, die Vienna, in den 50er-jahren um den Meistertitel spielte. Selbst bei denschlagermatches gegen Rapid, die 30.000 anlockten, unterbrachen Tennisspieler ihre Juxpartien nur ein paar Meter daneben auf der Hohen Warte nicht. Als wollten die feinen Herren demonstrieren: Wir wollen mit dem proletoiden Fußballerpack nix zu tun haben. Meine Vorurteile schienen bestätigt, als mir, einemvienna-knabenkicker, die Bitte, vor dem Training für ein, zwei Schilling auf demtennisplatz als Ballbub fungieren zu dürfen, mitleidlos abgeschmettert wurde. Der spätere Daviscup-spieler Georg Pazderka hatte in einem anderem Teil der sich langsam von Bombenschäden erholenden Bundeshauptstadt mehr Glück. Nicht nur das: „Ich wardererste Ballbub von Fredi Huber“, erinnert sich der heute 77-Jährige und fügt gleich hinzu: „Huber war das größte sportliche Allroundtalent, das es in Österreich jemals gegeben hat.“Tatsächlich wird wohl nie wieder wer behaupten können, zugleich Österreichs Nummer 1 im Tennis und im Eishockey-nationalteam gewesen zu sein. Huberschafftediesenspagat, wie er heute im Zeitalter des trainingsintensiven Spezialistentums undenkbar geworden ist. Aufdemeishielttormannhuberverwegen – noch ohne Helm und Maske – den Kopf hin. Nicht zuletzt seinen Reflexen war zu verdanken, dass Österreich 1947 bei der Eishockey-wm in Prag die Bronzemedaille errang. Imtennis-daviscup vermochten Huber in 27 Spielen 12 Siege zu feiern. Fünf davon an der Seite seines Doppelpartners Hans Redl, obwohl letzterer im Krieg einen Am verloren hatte. In seiner besten Zeit zwischen 1948 und1958gewannhuberfünfinternationale Top-turniere. Just seine wertvollste Leistung, der Triumph bei den British Covered Courts Championships, ging im Dezember 1956 in der österreichischen öffentlichen Wahrnehmung unter, weil die Medien zu gleicher Zeit der Ungarn-aufstand und die Sommerspiele von Melbourne (Australien) beschäftigten. Tennis war damals noch nicht olympisch. Immerhin war in Wochenschau-berichten zu sehen, wie sich Huber wiederholt im Stile eines Fußball-tormanns nachdemtennisballhechtete. Schürfwunden nahm er dafür fast masochistisch ohne Jammern in Kauf. Derrotblondewienergaltalsdererste Entertainer in der Tenniswelt. Undals Publikumsliebling. Speziell bei weiblichen Fans. Und auch außerhalb des Centre Courts. So hatte die Teamführung in Kairo einmal bis drei Minuten vor Turnierbeginn auf ihn gewartet, weil Huber ein privates Er-und-sieGame bevorzugt hatte. 1963 übersiedelte Huber zum damaligen Eishockey-oberhausklub Zell am See. Ein Jahr danach verstärkte das Allroundgenie auch den Zeller Tennis-club. Nochbiszweiwochenvorseinemtod fungierte Huber als Zells EishockeyChefcoach. Und ärgerte sich, obwohl gezeichnet von einem Lungenleiden, über das limitierte eisläuferische Können seiner Schützlinge. Fredi Huber wurde nur 42 Jahre alt.
Legende: Fredi Huber war Österreichs Nummer 1 im Tennis und im Eishockey-nationalteam. Nächstes Jahr wäre der 1972 verstorbene Wiener 90 Jahre alt geworden.