FILZ STATT LEDER
» Grundsätzlich finde ich ja alle Sportlerinnen und Sportler toll, jedoch, und so ehrlich muss ich sein, habe ich den allergrößten Respekt vor all jenen, die sich für den Einzelsport entscheiden. Ich selber spielte ja bis zu meinem zwölften Lebensjahr leistungsmäßig Fußball und Tennis, bis mich meine Eltern eines Tages vor die Wahl stellten. Für den kleinen Marc hießesdamals: entwederdasrundeleder oder die kleine Filzkugel, Mannschafts- oder Einzelsport. Meiner Zeit und damit dem „Social-media-zeitalter“weit voraus (zwinker), fand ich es immer schon schöner, Erlebnisse mit anderen zu teilen. Siege konnte manimverbundausgelassener feiern, Niederlagen um einiges leichter verkraften. Verlieren konnte ich nochnie, weder gut noch gerne, noch dazu, wenn man wie beim Tennis und anderen Einzelsportarten sich irgendwann eingestehenmuss, dassniemandanderer für die Niederlage verantwortlich ist. Kein Mitspieler, kein Platz, kein Trainer, keinschiri, nurduselbstund DEINE ungenügende Leistung.
Dies ist auch der Grund, warum ich glaube behaupten zu können, dass ein Tennisspieler im Vergleich zu einem Fußballer während des Spiels viel öfter mentale Stärke zeigen muss. Ein Game zu seinen Gunsten entscheiden, gegen den drohenden Breakball und oftmals gleichbedeutenden Satzverlust kämpfen, Matchbälle abwehren oder verwerten. All das erfordert eine enorme mentale Stärke, vor allen Dingen dann, wenn es um etwas geht. Selbst die Größten der Großen scheitern hin und wieder an den vermeintlich einfachsten Bällen und in Wahrheit nur an einem: ihrer Psyche. Frag’ nach bei Roger Federer, als er beim letzten Grand-slamFinalegegendjokoviczweimatchbälle bei eigenem Aufschlag hatte und es nicht schaffte, dentitel zuholen. Normalerweise eine Auflage für den in der Tennisszene als „GOAT“(greatest of all time) bezeichneten, doch in Momenten, wenn man zum großen Wurf serviert, laufen Dinge manchmal einfach anders, es meldet sich der Kopf. Menschen und Ihre Ängste. Ein span
SIEGE IM KOPF.
nendes Thema. Einer, der sich in den vergangenen Jahren meiner Meinung nach auf diesem Gebiet enorm weiterentwickelthat, ist zweifelsohnedominic Thiem. Ohne es zu wissen, ob er jemals bewusst daran gearbeitet hat, bekommt man nun von außen den Eindruck, dass er weniger hadert, mehr bei sich bleibt und in entscheidenden Momenten keine Angst mehr hat.
Darüber hinaus scheint er nicht nurenormgereift, sondern auch noch dazu ein echt feiner Kerl zu sein. Ein Mensch mit guten Werten, dementsprechenden Umgangsformen und dem Herz am richtigen Fleck. Es ist schwer, ihn nicht sympathisch zu finden. Die Hoffnung ist groß, dass durch den Lichtenwörther mit Schwiegersohnpotenzial Tennis-österreich wieder wachgeküsst wurde. So richtig geschah dies zuletzt, als Thomas Muster, Österreichs einziger Grand-slam-sieger, sich durch die Center Courts der Weltstöhnte undes sogar schaffte, Nummer1derweltzu werden. Zugpferde dieses internationalen Formats sind ein wahrer Segen für eine Sportart. Sie inspirieren vor allen Dingen junge Menschen und sorgen für mehr Nachwuchs. Mich hat er jedenfalls inspiriert, wieder Tennis spielen zu gehen, wenngleich mein Zug zur Weltspitze den Bahnhof nie verlassen hat und es wohl auch nicht mehr wird. Soviel sei verraten. «
SCHWIEGERSOHN.
Marc Janko über seine Leidenschaft zum Tennis und warum er einst doch beim Fußball gelandet ist. Und was er an Österreichs Aushängeschild Dominic Thiem so bewundert.