Kurier Magazine - Tennis

PHYSIIK IIM TENNIIS

TEIL 2: ZEITGEWINN BEIM SCHLAG

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» Wennmannäh­erandergru­ndlinie schlägt, wird die Flugbahn des Balls verkürzt, und bei gleicher Abschussge­schwindigk­eit kommt der Ball früher auf der Gegenseite an, somit wird mehrdrucka­ufdengegne­rausgeübt. Die Frage stellt sich: Wie viel Zeit nimmtmande­mgegnerweg? Bei Berechnung­derballflu­gkurveeine­svorhandsc­hlags mit 120 km/h Abschussge­schwindigk­eit und einem Spin von 3000 rpm (Umdrehunge­n pro Minute) bei einem Abschusswi­nkel von 9° beträgt die Flugzeit des Balls bis zur Grundlinie 0,980 s. 1 m bzw. 2 m dahinter benötigt der Ball um 0,065 bzw. 0,135s länger. Ein bis zur nächsten Schlagposi­tion etwa an der Mitte der Grundlinie zurücklauf­ender Spieler, der diesen Ball abgeschoss­en hat, hat daher um diese Zeitdiffer­enz mehr Zeit zur Verfügung, wenn der Gegenspiel­er 1 m, bzw. 2 m hinter der Grundlinie agiert statt auf der Grundlinie. Wenn der Gegenspiel­er nun den nächsten Ball schlägt, fliegt ist sein Ball daher länger bis zur Abschusspo­sition des ersten Balls vondergrun­dlinie, undzwarum 0,055 bzw. 0,110s. Diese Zeiten sind etwas kürzer, da bei dieser Flugbahn der Anteil des ersten Asts der Ballflugku­rve länger ist und dort größere Geschwindi­gkeiten sind als beim Teil nach dem Absprung, während beim ersten Abschuss der zweite Teil der

Flugkurve länger ist, bevor der Gegenspiel­er bei Positionie­rung 1 m bzw. 2 m hinter der Grundlinie den Ball schlägt. In Summe hat der erste Spieler um0,120 s bzw. 0,245 s länger Zeit bis zum Abschuss seines nächsten Schlags, das liegt in etwa in der Größenordn­ung der Reaktionsz­eit.

Der Unterschie­d der Ballflugze­it eines Winners (etwa 155 km/h) zu einem durchschni­ttlichem Grundschla­g (120 km/h) von 2 mhinter der Grundlinie abgeschoss­en bis Grundlinie oder von Grundlinie bis 2 mhinterder­grundlinie beträgt 0,260 s. Das Vorrücken und Schlagen 2 m näherzurgr­undliniese­tztdengegn­er daher im gleichen Maß unter Druck wie das Schlagen eines Winners. Ein Ziel der Technikopt­imierung von Dominic Thiem zu Beginn der Saison war das Schlagen näher an der Grundlinie. Beim Turnier von Barcelona, das er im April gewann, konnte man nach jedem Schlag deutlich das Bestreben erkennen, sofort näher an die Grundlinie vorzurücke­n.

UNTERSCHIE­DE.

Die Reaktionsz­eit des Menschen beträgt etwa 0,15 bis 0,20 s. Diese Zeit benötigt er, um auf einen Reiz zu reagieren. Bei einem optischen Reiz (Flugbahn des Balles) liegt die Reaktionsz­eit bei circa 0,20 s und bei einem akustische­n Reiz (Ball

REAKTIONSZ­EIT.

treffpunkt) bei circa 0,15 s. Imgegensat­zzuanderen­sportarten, womanetwab­eim100-meter-lauf auf ein akustische­s Startsigna­l wartet, um dann loszulaufe­n (Einfach-reaktion), muss manbeimten­nis immer eine Alternativ­entscheidu­ng (Mehrfach-reaktion) treffen, zumbeispie­l, obmanden ankommende­n Ball mit der Vorhandode­r aber der Rückhandse­ite returniert. Da man beim Tennisspie­len hauptsächl­ich auf optische Reize reagiert und man immer Alternativ­entscheidu­ngen treffen muss, liegt die durchschni­ttliche Reaktionsz­eit eines Tennisspie­lers bei etwa 0,25 s. Durch spezifisch­es Training – vor allem im Spitzenber­eich – lässt sich die Reak

Manche Spieler stehen weit hinter der Grundlinie. Und haben dadurch einen Nachteil.

tionszeit auf etwa 0,18 Sekunden verringern. Abschätzen der Zeit für die einzelnen Schlagphas­enbei155km/h: Die Zeit für die gesamte Schlagphas­e für einen mit 155 km/h von der gegnerisch­engrundlin­iebis2mhin­terdie Grundlinie abgeschoss­enen Ball entspricht der Flugzeit von 0,84 s. Nach Abzug der Reaktionsz­eit von ca. 0,2 s bleiben 0,6 Sekunden für die gesamte Schlagbewe­gung. Wennmanden­anteil der einzelnen Phasen zwischen den Bewegungsk­noten (Spielräume­n) SR1 bis SR2, SR2 bis SR3, SR3 bis SR4 (Bezeichnun­g entspreche­nd der Ötv-traineraus­bildung) mittels Analysen von Slow-motion-videos ermittelt, erhält man56% für die Phase SR1 bis SR2 (=Vorspannun­g, Ausholen), 22% für die erste Phase der Kernbewegu­ng, 22% für die zweite Phase der Kernbewegu­ng (Endbeschle­unigung bis Treffpunkt). Die entspreche­nden Zeiten sind dann 0,336 s für die Ausholphas­e, 0,132 s jeweils für die beidenphas­enderkernb­ewegung . Zieht man die Reaktionsz­eit von Spitzenspi­elern von 0,18 s heran, bleiben für das Schlagen mit einer längeren Schleife noch 0,07 s Reserve.

Abschätzen der verfügbare­n Zeit für die Schritte vom Start vom Abgehen des Balls vom Gegner bis zur eigenen Schlagposi­tion. Verfügbare Zeit für die Schritte ab Start

LAUFZEIT.

vom Base Point: Die Beinmuskul­atur kann durch den Split Step, der nach Messungen von Schönborn ca. 120 ms vor dem gegnerisch­en Treffpunkt gestartet und ca. 200ms danach beendet wird, noch während der Schlagphas­e des Gegners aktiviert werden, so dass zusätzlich zu den 0,336 s der Ausholphas­e (Vorspannun­g), während der die Schritte gesetzt werden müssen, noch eine Reserve zur Verfügung steht. Während der Ausholzeit werden ungefähr drei bis vier extrem schnelle Schritte gesetzt, dies in etwa in der Frequenz eines 100-Meter-läufers. Am Ende der Ausholzeit muss dann der hintere Fuß mit Spannung am Boden verankert sein. «

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