EIN HOBBY, DAS IMMER SAISON HAT
Modetrends kommen und gehen – auch im Sport. Doch Tennis hat seit Jahrzehnten seinen fixen Platz. Eine Spurensuche in der größten Halle Österreichs.
» Man muss nicht nach New York oder London reisen, um einen gestandenen Tennisprofi aus nächster Nähe zu sehen. Es genügt manchmal, in den 23. Wiener Gemeindebezirk zu fahren, um in der Garderobe den Spind neben Andreas Haider-maurer zu belegen. Der Waldviertler, der bei allen vier Grand-slam-turnieren zumindest ein Spiel im Hauptbewerb gewinnen konnte, ist regelmäßiger Teilnehmer des Wintercups in der Europahalle. 94 Teams nehmen in der laufenden Wintersaison an den Bewerben in unterschiedlichen Leistungs- undspielklassen in der größten permanenten Tennishalle Österreichs (13 Plätze) teil. Eine stolze Zahl, aber längst kein Rekord für die Betreiber. In der Hochblüte des Tennissports Anfang der 1990er-jahre hatten beinahe doppelt so viele Teams genannt. „Die Leute wollten damals um jeden Preis Tennis spielen. Es galt als schick“, sagte Renate Schiffer, deren Familie die Europahalle im Süden Wiens betreibt, bereits 2017 zum KURIER.
Schon damals war von einem Tennis-boom im Land die Rede, nachdem Dominic Thiem ins Halbfinale der French Open eingezogen war. Schon damals fiel die Antwort der Hallenbetreiberin relativ nüchtern aus. Ein großer Zuwachs sei nicht zu spüren, aber die Zahlen blieben konstant, was man schon als Erfolg werten dürfe. Sohn Matthias Schiffer, der ebenfalls im Betrieb tätig ist, erklärt: „Das Konkurrenzangebot ist heute einfach viel größer. Wer ging schon in den 80er- oder 90er-jahren Indoor-klettern?“Modetrends kommen und gehen. Wo im ersten Stock der Europahalle einst unzählige Squash-courts gut gebucht waren, warten heute Golf-simulato
KONKURRENZ.
ren im Winter auf Kundschaft. Dass Tennis noch immer relevant ist, zeigt denstellenwertdessports. Ähnlichsehen es auch andere Platzbetreiber ( eine kleine, feine Auswahl finden Sie im Infokasten) und Tennisvereine. Dennoch haben bei weitem nicht alle Anlagen überlebt, die zu den Zeiten von Thomas Muster und Kollegen ausgebucht waren. Mit dem ersten rot-weiß-roten Tennis-boom hat sich
vor allem auch die Qualität der Infrastruktur verbessert. Die Europahalle etwa gibt es nur, weil dem Vater von Renate Schiffer, der Elektronikunternehmer Herbert Haas, die vielen Traglufthallen missfielen. So ließ der begeisterte Hobbyspieler eben 1985 seine eigene aus dembodenstampfen. Ein junger Tennistrainer für die neue Halle war ebenfalls rasch gefunden: Medizinstudent Günter Bresnik.
Ehrensache, dass der Erfolgscoach mitsamt seinem damaligen Schützling Dominic Thiem 2015 an seiner ersten Wirkungsstätte zur 30-JahrFeier erschien. Damals, gibt Renate Schiffer zu, habe sie sich über eine Niederlage des Jungstars richtig gefreut. Nur weil Thiem damals früh bei den US Open ausgeschieden war, konnte er in der Europahalle bei einem viel umjubelten Showwettkampf aufschlagen. Nicht nur deshalb sagt Schiffer über Österreichs Nummer eins: „Er ist ein Segen. Wir haben jahrelang gehofft, dass einer wie Dominic kommt.“Wann er sich das nächste Mal in der Europahalle blicken lässt, ist freilich ungewiss. Großartiges Tennis gibt’s aber auch ohne ihn zu sehen. Am 28. März ist das Wintercup-finale.