TRENDSETTER AM SANDPLATZ
» Wir kennen sie alle, die Federers, Grafs, Djokovics und Navratilovas. Aber einen der wohl allerwichtigsten Namen des Tennissports kennen nur wenige Rackett-fans: Jean Patou. Der Franzose hat die Basis für so gut wie jedesmodernetennis-outfitgelegt. Es warzubeginndes20. Jahrhunderts, als Frauen in knöchellangen Röcken und langärmeligen Blusen am Court um athletische Höchstleistung kämpften. Heute undenkbar! Dank Patou, der in den 20er-jahren durch seine Entwürfe für „la divine“Suzanne Lenglen dendamals aufkeimenden Flapper-stil – kurze Röcke, Bob-frisuren und harter Alkohol für die frechen Damen im Jazzklub – auf den Court brachte. Falten-röcke, Cardigans mit Monogramm und ärmellose Kleider waren erstmals Lenglens Uniform.
Tennis ist die Sportart, in der Mode mit Abstand den größten Stellenwert hat. Sie spiegelt zeitgenössische Trends wieder und visualisiert kulturellen Wandel. 2018 hat Adidas zum zweiten Mal mit dem Skate-label Palace zusammengearbeitet; in einem Outfit der Kollektion gewann Angelique Kerber in Wimbledon. Eines der alteingesessensten Labels am Tennisplatz, Lacoste, erweiterte sein grünes Krokodil um Designs des gehypten Streetwear-labels Supreme. Und die Entwürfe des OffWhite-gründers Virgil Abloh (seit 2018 Designer für Louis Vuitton) für Serena Williams gingen in die Geschichteein. Tennis-modewarseltenso
STREETWEAR.
cool und nahbar. Das sahen jedoch Fft-präsident Bernard Giudicelli und Freunde gänzlich anders. So bezeichnete er den vom Marvel-blockbuster „Black Panther“inspirierten schwarzen Ganzkörper-anzug – in demzwei Jahre Arbeit von Nike steckt und der auch zu medizinischen Zwecken der Kompression von Williams getragen wurde – als Affront gegen die modischen Traditionen amcourt. Voneinerkünftigstrengeren Kleiderordnung war die Rede. Oh welche Freude hätte Giudicelli 1949 gehabt: Gertrude „Gussie“Moran (USA) überraschte erstmals mit schockierend kurzer Rocklänge, die bei jedem Ausfallschritt spitzenbesetzte Unterwäsche entblößte. Dem Schuldigen des „vulgären“Outfits, der britische Designer Ted Tinling, wurde die folgenden 33 Jahre seine Rolle als Wimbledon-gastgeber entzogen. Dochergabnichtaufundso entstammte auch Billie Jean Kings grün-blaues, mit Strasssteinen besetztes Kleid bei ihrem Match 1973 gegen Bobby Riggs Tinlings Nähmaschine. Und im folgenden Jahrzehntwurdennichtnurröckedieser Länge, sondern auch noch viel kürzere Usus, auch in Wimbledon.
Und so wie Patou, Tinling& Co. mitneuenfarben, Formen, Silhouetten und Materialien neue Zeiten am Court ankündigten, so war auch 2020 nicht das Ende der Fahnenstange am modischencourt. Beidenfrenchopen 2019 trug Serena Williams einen schwarz-weiß gestreiften Zweiteiler – natürlich entworfen von Abloh –, der auf dem Rücken vertikal die französischen Begriffe für „Königin“, „Champion“, „Mutter“und „Göttin“trug. 23 Grand-slam-siege sprechen wohl für sich. Deshalb wird das auch nicht der letzte Catsuit gewesensein, der künftigamplatzaufschlägedominieren wird. – ANJA KRÄMER
FRISCHER WIND.
In keiner anderen Sportart sind die Outfits und die damit einhergehende Visualisierung des gesellschaftlichen Wandels so wichtig wie im Tennis. Plus: aktuelle Vorschläge in Sachen Court-mode für Sie und Ihn.