AUSTRALIAN OPEN EMOTIONALER TRIUMPH
Ein Jahr nach seiner Ausweisung stellte Novak Djokovic mit seinem zehnten Titel in Down Under wieder Bestmarken auf. Bei den Frauen feierte die Weißrussin Aryna Sabalenka eine persönliche Premiere.
» Im Vorjahr schon einen Tag vor Turnierbeginn nach Hause geflogen, heuer in den siebenten Himmel. Novak Djokovic hat in den jüngsten zwölf Monaten die Hochschaubahn des Sports wie kein anderer erlebt.
Das Erlebnis von 2022 machte ihn stark, die fehlende Impfung wurde heuer tatsächlich zur Mutinjektion. Der 35-jährige Serbe schlug im Endspiel der Australian Open Stefanos Tsitsipas 6:3, 7:6 und 7:6, verhinderte so den ersten Grand-Slam-Titel für Griechenland und blieb seinerseits auch in seinem zehnten MelbourneEndspiel unbesiegt. Im ersten Satz fand Tsitsipas kaum ins Spiel, im zweiten zeigte er aber, warum er zu Recht in seinem zweiten Major-Endspiel steht. Doch im Finish hatte stets der routiniertere Djokovic den längeren Atem und ließ sich nach 2:56 Stunden Spielzeit von seinen vielen Fans in Melbourne feiern.
Für Djokovic war es vor allem ein emotionaler Erfolg. Die Erinnerungen an das Vorjahr waren noch immer da, auch die jüngsten Wochen waren nicht einfach. Zwar waren die Empfänge in Australien zumeist recht herzlich, dennoch gab es Anfeindungen gegen seine mitgereiste Familie. „In Anbetracht der Umstände war das der größte Sieg meines Lebens“, sagte
DjokovicnachdemTriumph,mitdem er Mut machen möchte. „Stefanos und ich kommen aus kleinen Ländern. Wir haben gezeigt, dass Träume wahr werden können. Dass man alles schaffen kann.“
Djokovic stellte an diesem 29. Jänner 2023 weitere Bestmarken auf. Es war sein 22. Grand-Slam-Titel, damit zog der Serbe mit Rafael Nadal gleich. Nicht ganz ein Jahr später hält er bei 24, soviele Majors gewann mit Margaret Court nur eine Frau. Zudem war es sein 10. Triumph bei den Australian Open. Nummer zwei in diesem RankingistFederermitsechsTiteln.Exakt 15 Jahre nach seinem ersten Grand
Slam-Titel 2008 in Melbourne (Finalsieg über den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga) ließ Djokovic seinen zehnten folgen.
Österreichs Ass Dominic Thiem erreichte bei den Australian Open 2020 dasEndspiel,diesesMalwarerweitdavon entfernt. Allerdings war der Erstrundengegner mit Andrej Rublew zu stark, der Russe siegte 6:3, 6:4 und 6:2. Was möglich ist, zeigten die Überraschungshalbfinalisten. Der Russe Karen Chatschanow, der Tsitsipas unterlag, war nur als Nummer 18 gesetzt, US-Mann Tommy Paul fand sich auf der Setzliste erst gar nicht.
PREMIERE FÜR SABALENKA. Fast wäre es symbolisch gewesen. Als Aryna Sabalenka im dritten Satz einen Matchball mit einem Doppelfehler verhaute. Nach 2:28-Stunden überaus attraktivem Sport besiegte die Weißrussin aber im Finale die kasachische Wimbledon-Siegerin Jelena Rybakina 4:6, 6:3 und 6:4 und schnappte sich ihren ersten Grand-Slam-Titel. Den ersten für ihr Land seit zehn Jahren, als Viktoria Asarenka in Melbourne triumphiert hatte.
Zu den allerbesten Spielerinnen zählt die mittlerweile 24-Jährige seit Jahren,
aber seit sie mental an sich gearbeitet hat, setzt sie ihr Können auch perfekt um. Und diese Hilfe war notwendig: Im Vorjahr war sie nur in einem Ranking vorne – 428 Doppelfehler waren einsame Spitze.
Dieser Triumph hatte nebst Glücksgefühlen auch rechnerisch doppelte Auswirkungen: Sabalenka war zu diesem Zeitpunkt umgerechnet rund zwei Millionen Euro reicher, zudem kletterte sie im Ranking von Rang fünf auf Platz zwei – jedoch noch mit einem Respektabstand auf die Polin Iga Swiatek. Im September des Jahres, also neun Monate später, profitierte sie davon, stand erstmals an der Spitze der Weltrangliste.
Für ihr Englisch entschuldigte sich Sabalenka, die 2020 in Linz gewann, bei der Siegerehrung, aber sogar die letzten Anstrengungen dieser zwei Turnierwochen klappten. „Ich bedanke mich bei meinem verrückten Team und bei den Turnierveranstaltern. Es ist eine Ehre, hier zu spielen.“Nachsatz: „Ich liebe euch.“Das durfte sie im Vorjahr in Wimbledon nicht sagen, nicht weil sie nichts gewann, sondern weil sie es nicht einmal versuchen durfte. Dort waren, sehr zum Ärger aller Tennisverbände, keine russischen und weißrussischen Spieler zugelassen. Wohl aber die ehemalige Russin Rybakina, die seit 2018 für Kasachstan startet. Sie klettert e am Tag darauf als erste Spielerin ihrer Nation in die Top Ten und verdiente rund eine Million Euro Preisgeld. – HARALD OTTAWA