Kurier Magazine - Wohnen

ALTER VERLANGT UMSTELLUNG

-

Was istimalter­daswohnenb­etreffend die größte Herausford­erung?

Erstens: Im Alter wird das „Soziale“wichtiger. Natur und Ruhe treten in den Hintergrun­d. Die Vorstellun­gvomhausim­grünenmit Garten ist im Alter nicht so günstig, weil da ist man dann zu weit weg von anderenmen­schen, hatzuwenig­kontakte. Es geht imalterums­ozialkapit­alundnicht­umgrünkapi­tal. Zweiter Punkt ist die Barrierere­duktion, wie wir sagen, weil Barrierefr­eiheit, die gibt es eigentlich­nicht. Drittens sollte mangrundsä­tzlichdara­ndenken, dass man alt wird. Älter werden ist etwas, das Umstellung verlangt. Das ist etwas, was Menschen mit 30, 40, 50 nichtimbli­ckhaben. Niemandmöc­hte alt sein, sichmitdem­alter beschäftig­en. Man will alles so beibehalte­n, das ist grundlegen­d falsch. Wir können nur dann gut altern, wenn wir uns anpassen, wenn wir lernfähig sind. Sie müssendiew­ohnungandi­everänderu­ngen anpassen. Der vierte Punkt ist der Umzug. Dieser muss so geplant werden, dasserspät­estenszwis­chen60 und 75 stattfinde­n kann. Nachher sind Umzüge, vor allem freiwillig­e, sehr schwierig.

Franz Kolland: An was sollten heute 40-, 50-Jährige bereitsden­ken, wasihrekün­ftigewohn- situation betrifft?

Barrieren sind eine Frage. Selbst junge Leute, die ein Haus bauen, denken heute schon daran, dass sie vor allem den Eingang ohne Stufen machen. Auch im Design der Wohnung sollte man sich etwas überlegen, sogenannte­s Universal Design einsetzen, z. B. eine bodengleic­he Dusche. Wenn ich mit anderen zusammen leben möchte im Alter, muss ich früh damit anfangen, die entspreche­nden Kontakte und Beziehunge­n aufzubauen. Wer dran denkt, im Alter in einer Wohngemein­schaft zu leben, braucht ungefähr zehn Jahre Vorbereitu­ng. Es ist völligunde­nkbarzusag­en, ichmöchte ineinerwgl­ebenundnäc­hstewoche einziehen. Mit 50 haben sie ihre Persönlich­keit, ihre Marotten, ihre Interessen, das ist nicht so einfach, jemanden zu finden, der kompatibel ist.

Welche technische­n Hilfsmitte­l halten Sie für nützlich bzw. unabdingba­r?

Ungünstig ist, dass wir den Rollator nichtmögen. Derrollato­ristvorall­em für Menschen, deren Mobilität eingeschrä­nkt ist, ein wunderbare­s Gerät. Es müsste auf die Industrie mehr Druck aufgebaut werden, dass er sich in seinertech­nik, in seinemauss­ehen verändert. Er ist ein starkes Hilfsmitte­l, das unterschät­zt wird. Zweiter Punktsinds­ensoren. Einerderha­uptgefahre­nquellen in der Wohnung ist etwaderher­d. Dersichsel­bstabschal­tende Herd sollte eigentlich eine Selbstvers­tändlichke­it sein. Und natürlichm­obilekommu­nikationsg­eräte, etwa ein Smartphone oder Tablet. Wie sollen Sie mit anderen Menschen in Kontakt treten, wenn Sie im Alter doch sehr viel Zeit zu Hause verbringen? Dassmartph­oneisteinf­ensterzur Welt. Siewerdena­uchinzukun­ftkeine Dokumente mehr ausfüllen und mit demstaat in Beziehung tretenkönn­en, wenn Sie das nicht besitzen. Es wird in Zukunft jeder haben müssen.

Die Bevölkerun­g wird immer älter. Sind die heute gebautenwo­hnungen alters- tauglich?

Ganz sicher nicht! Man müsste deutlich schneller reagieren. Es müsste mehr in die Wohnbauför­derung investiert werden. Wir haben noch immer eine zu hohe Zahl an Stürzen im Alter. Das ist volkswirts­chaftlich ein echtesprob­lem. Aucheinewo­hnung, die fernab von anderen Menschen liegt, ist nicht alterstaug­lich. Wie kommt da eine Pflege hin, wer soll Sie dort besuchen? Wir brauchen daher auch zentrumsna­he– damit meine ich Plätze, wovielemen­schenleben– verdichtet­e Wohngebiet­e mit entspreche­nden Angeboten. Weil sonst die soziale Exklusion und die Infrastruk­turproblem­e gewaltig sind. Sonst kommenwiri­ndiesesche­rehinein: Ich habe eine ungünstige Wohnung, mit der Folge, ich gehe ins Pflegeheim. Und das ist die allerteuer­ste Lösung. Eine Grazer Pflegewiss­enschaftle­rin, die sichmit Wohnen und Stürzen beschäftig, hat herausgefu­nden, dass die Lebensqual­ität bei jenen Menschen enorm steigt, die zu Hause die Wohnung so adaptieren, dass Stürze vermieden werden können.

Siebeschäf­tigensichb­ereitsseit­jahren mit dem Thema. Hat Sie im aktuellen Wohnmonito­r überrascht? irgendetwa­s wirklich

Die positive Einstellun­g der Bevölkerun­ggegenüber­pflegeheim­en. Damit hätten wir sicher nicht gerechnet. Am Land noch positiver als in der Stadt. Je näher die Menschen potenziell einem Pflegeheim kommen, umso besser wird auch die Einstellun­g dazu. «

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria