Kurier (Samstag)

Schnitzel vom Warzenschw­ein und Schlagabta­usch mit Jennifer Aniston

Premiere von Ulrich Seidls Film „Im Keller“und eine Komödie mit Jennifer Aniston.

-

Wenn es auf dem Filmfestiv­al in Venedig bis jetzt so etwas gibt wie einen Trend, dann den, dass man erstaunlic­h viel lachen muss im Kino. Selbst bei der Vorführung von Ulrich Seidls extremem Essayfilm „Im Keller“, der als österreich­ischer Beitrag außer Konkurrenz im Wettbewerb gezeigt wurde, kuderten die Leute während der Vorführung. Wenn ein stolzer Blasmusika­nt und bekennende­r Nazi mit dem Staubwedel über die SS-Uniformen seiner Schaufenst­erpuppen wischt, dann steckt in dem Horror schon wieder absurde Komik.

Auch den Hobbyjäger, der unter seinen Geweihen von Warzenschw­ein-Schnitzeln schwärmt, fanden die Leute witzig. Ulrich Seidl selbst versteht wenig Spaß, wennesum seine Protagonis­ten geht. Das seien keine Personen, über die man sich lustig mache , erklärte er streng einem Journalist­en: „Die Leute sprechen über ihre Obsessione­n, und ich nehme sie ernst.“

Wie vorher zu sehen, fand Seidl in den österreich­ischen Kellern nicht nur Modelleise­nbahnen und Partystübe­rl. Stattdesse­n förderte er radikale, manchmal auch tragisch-komische Bilder zu- tage. Menschen, die im Keller Arien singen und Schießübun­gen machen, die ihre Ehemänner mit der Zunge die Toilette sauber schlecken oder die sich den Hintern versohlen lassen: Mit seinen berühmt streng komponiert­en, tollen Tableaux, in denen er seine Protagonis­ten neben ihren Waschmasch­inen, im Drogenraus­ch oder auf dem SM-Foltersess­el fixiert, läuft Seidl innerhalb seines eigenen „Genres“zu Hochform auf. Gleichzeit­ig bewegt er

Jennifer

Als wäre er der bessere Woody Allen, bestückte Hollywood-Altmeister Peter Bogdanovic­h den Wettbewerb außer Konkurrenz mit einer heiteren Theatersat­ire: „She Is Funnythat Way“funkelt vor Stars und Wortwitz. Owen Wilson, Imogen Poots und Jennifer Aniston schnalzen sich die Pointen um die Ohren. Wieder steht – wie schon beim Eröffnungs­film „Birdman“– die Produktion eines Broadway-Stückes auf dem Spiel. Der Regisseur (Wilson) verbringt die Nacht mit einem Callgirl (Poots) und fällt aus allen Wolken, als diese amnächsten Tag für sein Stück vorspricht. Die anschließe­nde Verwirrung lässt alle zu Höchstform auflaufen.

Nicht mit Komödie, sondern mit Horror wurde das Publikum bei der Vorführung des zweiten österreich­ischen Beitrags in der Nebenreihe Orizzonti in den Bann geschlagen. Der Film „Ich seh Ich seh“von Veronika Franz und Severin Fiala beginnt wie ein realistisc­hes Drama, in das sich zunehmend Horrorelem­ente mischen: Nach einer Gesichtsop­eration wird eine Mutter von ihren eigenen Kindern nicht mehr erkannt. Die Entfremdun­g steigert sich zum Gewaltexze­ss. Anstelle von Gelächter ertönten aus dem Publikum Schreckens­schreie. Ein beeindruck­endes Debüt.

 ??  ?? Essen gerne Warzenschw­ein-Schnitzel: Manfred und Inge Ellinger im Keller ihres Einfamilie­nhauses in Niederöste­rreich unter den Trophäen ihrer Jagdurlaub­e
Essen gerne Warzenschw­ein-Schnitzel: Manfred und Inge Ellinger im Keller ihres Einfamilie­nhauses in Niederöste­rreich unter den Trophäen ihrer Jagdurlaub­e
 ??  ?? Imogen Poots und
Owen Wilson in
Peter Bogdanovic­hs
heiterer Theatersat­ire „She Is Funny
That Way“
Imogen Poots und Owen Wilson in Peter Bogdanovic­hs heiterer Theatersat­ire „She Is Funny That Way“

Newspapers in German

Newspapers from Austria