„Das ist Gratiswerbung für Esterházy“
Der Esterházy-Generaldirektor über „Erbprinzen“und die Verhaberung in der „guten alten Zeit“
Der Schweizer Manager Stefan Ottrubay, Neffe der verstorbenen Fürstin Melinda Esterházy, führt seit 15 Jahren die Esterházy-Betriebe. Er scheut keine Konflikte mit Politik und Adelsfamilie. KURIER: „Adel verpflichtet“heißt es. Verpflichtet auch der Name Esterházy – selbst wenn man ihn nicht persönlich trägt? Stefan Ottubay : Jeder gute Familien- und Firmenname verpflichtet. Wir haben in den letzten 20 Jahren sehr viel unternommen, um manche, vielleicht etwas verstaubte Elemente des Namens zu überholen. Wir sind ein zeitgemäßes Unternehmen ohne Adelsromantik. Davon hat Österreich ja einiges. Sie sind Neffe der bürgerlich geborenen Melinda Esterházy, wurden von ihr als Vorstand eingesetzt. Einige Familienmitglieder werfen Ihnen vor, die Familie ausgebootet zu haben.
Seit 15 Jahren werden der mehrköpfige Vorstand, also auch meine Person, und die Organisation mit Geldforderungen konfrontiert. Darauf kann mannicht eingehen, weil die Stiftungssatzungen eindeutig sind. Die wurden von der Fürstin schon vor 25 Jahren begründet und vor zehn Jahren ergänzt und modernisiert. Es gibt weltweit 250 Esterházys, die wir kennen. Warum gibt es dann darüber so einen endlosen Konflikt?
Wo etwas da ist, versucht man eben, etwas zu holen. Die Gerichte haben aber alles in kurzer Zeit eindeutig entschieden. Es steht jedermann frei, in den nächsten 100 bis 200 Jahren wieder etwas Neues zu erfinden, zu den Medien zu gehen und ein Verfahren zu initiieren. Es gab aber auch Konflikte und Verfahren mit dem Land. Alles ausgestanden?
Das Schloss wurde uns in einem sehr schlechten Zustand zurückgegeben. Der Oberste Gerichtshof hat nun eine sehr umfassende Beurteilung angeordnet. 95 Prozent unserer Anliegen wurden verstanden. Und es ist auch eine Lehre für die Politik. Man kann nicht einfach historische Gebäude von Privaten übernehmen, sich wenig darum kümmern und am Ende jammern. Hier herrschte offenbar das Gefühl: Man ist Souverän und das Schloss schon fast „unser“Eigentum. Überschattet das Ihr Verhältnis zur Landeshauptmann-Partei?
Überhaupt nicht. Wir haben sehr gute Beziehungen zur SPÖ. Tut es Ihnen leid, dass die Früchte Ihrer Arbeit von Rechtsstreitigkeiten überlagert werden?
Nein. Wir haben enorme Wachstumszahlen. Die Konflikte tragen dazu bei, dass der Fokus wieder auf uns gerichtet wird. Das ist Gratiswerbung für Esterházy. Sie behaupten sogar, latente Korruption beseitigt zu haben. Was ist darunter zu verstehen?
Es war eine Verhaberung einiger älterer Vertreter von Esterházy mit völlig unfähigen Unternehmern und einigen Politikern. Jeder hatte so seine Pfründe, man hatte es sich darin gemütlich eingerichtet. Wir hatten den Auftrag der Stifterin, für Dynamik zu sorgen, den Besitz zu öffnen, etwas Spannendes für die Wirtschaft und den Tourismus zu gestalten. Ich nenne das latente Korruption, weil viel Leistung ohne tatsächliche Werte geflossen ist. Davon mussten wir uns lösen. Und die Politik war beleidigt?
Nun gut, seit Jahren hören wir: Man klagt das Land Burgenland nicht. Das ist eine Art Majestätsbeleidigung. Aber spätestens seit dem 19. Jahrhundert gilt der Grundsatz in Österreich, dass der Rechtsstaat und die Gerichte jedermann offenstehen. Sie sind in Ihrer Funktion auch Landwirt und Tourismus-Unternehmer. Was wünscht man sich da von der Politik?
Wir leben damit, dass das steuerliche Umfeld in Österreich noch nicht optimal ist und zahlen unsere Steuern. Es wäre aber gut, wenn die Landespolitik erkennen würde, dass man unsere Leistungen, die stark in Richtung Qualität gehen, mit Initiativen des Landestourismus verbinden sollte. Da wird noch einiges blockiert. Wir spüren Keile links und rechts. Sicher war die Auseinandersetzung um das Schloss hinderlich. Ich hoffe, dass durch einen neuen Koalitionsbeginn die Karten neu gemischt werden. Was halten Sie denn von RotBlau im Burgenland?
Wir kommentieren keine Koalitionen. Der Esterházy-Besitz befindet sich in Stiftungen. Mit Stiftungen geht die Politik aber nicht so pfleglich um, wie Sie es sich wahrscheinlich wünschen?
Die Bundespolitik hat tatsächlich massive, steuerliche Rückschritte eingeleitet. Aber für uns ist das nicht so erheblich, weil wir eine gemeinnützige Gruppe sind und es keine wesentlichen Begünstigungen und Ausschüttungen an Privatpersonen gibt, bis auf ein paar ganz kleine Studienförderungen für Familienmitglieder. Möglicherweise ist das der Mitgrund, warum mancher Erbprinz und Erbgraf glaubt, dass ihm da noch etwas aus der alten Zeit zusteht. Womit macht Esterházy Geld?
Mit der Land- und Forstwirtschaft, der Immobilienentwicklung, den Freizeitanlagen. Dafür können wir uns den Luxus des Kulturtourismus und der Denkmalpflege leisten. Aber auch eine Oper wie St. Margarethen kommerziell erfolgreich zu führen, ist nicht ausgeschlossen. Warum ist der Veranstalter dann in Konkurs gegangen, bevor Esterházy die Oper übernommen hat?
Er war nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Jetzt fürchten sich die HaydnFestspiele, dass sie auch von Ihnen übernommen werden.
Übernehmen kann man sie gar nicht, das ist ein vom Land reichlich finanzierter Verein. Wir haben schon 2012 den Haydn-Festspielen unsere Wünsche vorgebracht, nachdem absehbar war, dass die Grundverträge zur Nutzung der Räumlichkeiten im Schloss 2014 auslaufen. Leider ist seither sehr wenig geschehen, außer, dass gut orchestrierte Angriffe gegen uns lanciert wurden. Schade, dass auch dieses schöne Format in den Fokus der Politik geraten ist. Wie erhält man eigentlich so ein Schloss?
Zwischen 2005 und 2009 haben wir die Kosten für ein Gesamtsanierungskonzept erheben lassen und kamen auf Kosten von bis zu 65 Millionen Euro. Unter dem damaligen Bundeskanzler Gusenbauer wurde uns eine Bundesförderung in Aussicht gestellt. Aber dann trat die Landesregierung auf die Bremse, und am Ende ist nichts geflossen. Wir renovieren das Schloss nun selbst in kleinen Schritten. Wie fühlt man sich als Schweizer in Österreich?
Sehr wohl! Ich lebe seit 15 Jahren hier, habe aber auch 12 Jahre in Ungarn nach der Wende gelebt. Im Vergleich dazu herrscht in Österreich eine tiefe, harmonische Demokratie unter Höchstachtung des Rechtsstaates. Der mündige, aktive Bürger ist in der Schweiz fest verankert. Sind Sie davon beeinflusst?
Ja. Aber die Entwicklung läuft auch in Österreich in diese Richtung. Die Leute sind mutiger geworden und lassen sich nicht mehr so schnell von der Obrigkeit vorschreiben, was sie zu denken haben. Esterházy und andere Persönlichkeiten unterstützen seit Jahren eine selbstbewusste Zivilgesellschaft im Burgenland. Was halten Sie von der großen EU-Skepsis in Österreich?
Es gibt kein Zurück. Österreich hat enorm profitiert von den offenen Grenzen.