Die Zs und ihre Stars
Sie interviewen Staatschefs und verdienen Millionen, sind selbstbewusst, vernetzt und wollen am Arbeitsplatz sie selbst sein. YouTuber sind die Prototypen der neuen Generation Z.
„Warum hab ich’s getan? Weil das die fucking Kanzlerin ist und ich ein fucking YouTuber bin“, erklärt Florian Mundt alias LeFloid sein Interview mit Angela Merkel vor zwei Wochen. Das ist die gewohnt stinkige Attitüde, die so viele aber bei diesem Interview, seinem ersten von Bedeutung, vermisst haben. Es sei gefällig und fad gewesen, so die Kritiker. Die Vertreter der traditionellen Medien rieben sich die Hände – so ein Jungspund ohne journalistische Praxis darf keine Konkurrenz sein.
Realitätsverweigerung? Das Interview wurde immerhin 3,3 Millionen Mal geklickt – vor allem von Jungen. Sie schauen YouTube, nicht ARD. Merkel hat das verstanden und deswegen diesen Kanal gewählt. So könne man am besten mit der jungen Generation in Kontakt kommen, meinte sie im Interview.
Mit den Zs ist eine Generation im Anrollen, die Wirtschaft, Politik und Arbeitsmarkt künftig stark beschäftigen wird. Weil sie neue Prinzipien haben: Sie sind in der Wirtschaftskrise groß geworden, mit dem Internet verwachsen, von HelikopterEltern erzogen, haben weder Marken noch Unternehmen gegenüber eine emotionale Bindung, wollen ständig Feedback – wie Wirtschaftswissenschafter Christian Scholz, Autor von
Die neuen Stars
YouTuber und Blogger sind so etwas wie die Prototypen dieser Generation. Sie sind in den Zwanzigern, lieben die Aufmerksamkeit, sind exzentrisch – und haben sich selbst zur Marke verfeinert. „Hey bros, my name is PewDiePie!“, so begrüßt einer der erfolgreichsten YouTuber, der 24-jährige Schwede Felix Kjellberg, seine Zuseher zu jeder neuen Folge. Das „PewDiePie“spricht er hoch, wie eigentlich nur Prince es kann. Trotzdem, oder gerade deswegen, haben 38 Millionen Menschen seinen Kanal abonniert, sehen ihm dabei zu, wie er Video spielt.
Das muss man nicht verstehen, aber ernst nehmen. PiewDiePie verdiente 2014 fast sieben Millionen Euro. Das YouTube-Starsein ist nicht nur ein Geschäftsmodell, sondern Traumberuf für viele Jugendliche: Die Anziehungskraft er- klärt Christian Scholz so: „Die Jugendlichen suchen Hilfestellung, jemanden, der ihnen die Welt erklärt. Da ist die Bravo nicht mehr en vogue. Der älteren Generation, Politikern und den klassischen Medien gegenüber sind sie total skeptisch.“
Gemessen wird der Erfolg von Videos und Blogs ausschließlich an der Reichweite: Je mehr Abonnenten und Klicks, desto besser kann vermarktet werden. Philipp Ikrath vom Institut für Jugendforschung sieht es kritisch, dass die Qualität eines Beitrags nur auf einer quantitativen Ebene berechnet wird. Immerhin spielen die YouTuber und Blogger in der Meinungsbildung der unter 18-Jährigen eine maßgebliche Rolle. Das geringe Interesse an politischen und ge- sellschaftspolitischen Themen sieht auch Wirtschaftswissenschafter Christian Scholz problematisch. Denn nicht immer braucht es viel Intellekt, Inhalt oder gar eine Botschaft für Klicks. Beispiele: Eine junge Frau erzählt von ihrem superpflegenden Lippenstift, eine andere inszeniert sich mit DauerDuckface auf Ibiza, ein junger Mann probiert ausländische Süßigkeiten. Aber nicht nur viele Lifestyle-Formate sind seicht, auch politische Formate würden eher auf einem Boulevard-Niveau sein, sagt Ikrath: „Politiker müssen sich nicht vor kritischen Fragen fürchten und haben leichtes Spiel, weil es den YouTubern reicht, auf ihre Fragen eine Antwort zu bekommen und damit Kommunikation zu erzeugen, deren Inhalt aber bedeutungslos ist. Hauptsache, die Kommunikation hört nicht auf zu f ließen.“
Hallo, Freunde
„Hello, Friends, Michael Buchinger hier!“, sagt der junge Mann in die Kamera. Er sitzt hinter seinem Schreibtisch, hat ein Glas Wein vor sich stehen und beginnt von Dingen zu erzählen, die ihn massiv nerven. Im Juni sind das unter anderem Nationalstolz, dumme Menschen und Ausbeutung – Augenverdrehen und Boshaftigkeit gehören dazu. Immerhin lautet der Untertitel seines Kanals „Sarkastisch und schlecht gelaunt seit 1992“. In der Realität ist Buchinger weniger aufgeregt als in seinen Videos. Darauf angesprochen, sagt er: „Ich denke, ich bin auf YouTube eine überzogene Version meiner selbst.“Angefangen hatte alles in seinem Kinderzimmer im Burgenland. „Es war aus Langeweile. Ich hatte kein traditionelles Hobby wie den Musikverein oder Fußballspielen, mochte Sketches, schaute YouTube und dachte, ich probier das mal aus.“Sein erstes Video handelte von den absurden Ausprägungen von Selbstinszenierung und Freundschaft auf Facebook. Seine „Hassliste“ist mittlerwei-