Kurier (Samstag)

6 Karriereti­pps, die wirklich nerven

Diese oft gehörten Ratschläge von Experten können Sie getrost vergessen

- VON NICOLE THURN

Wir hören es oft, wir lesen es oft, und: selbst wir in der Karrieren-Redaktion schreiben es immer wieder. Höchst an der Zeit, Tacheles zu reden und zu relativier­en. Denn diese sechs Karriereti­pps nerven gewaltig. – Kommen Sie im Business-Look Seit Jahrzehnte­n beten Kniggebera­ter die Litanei herunter: Niemals ärmellose Tops, immer Strumpfhos­e, keine kurzen Hemden, der Rock muss das Knie bedecken. Also ehrlich, so konservati­v wie in den 1950ern muss man in den meisten Jobs wirklich nicht mehr auftreten. Ohne schweißbef­leckte Hemden oder Blusen lassen sich sicher mehr Versicheru­ngen verkaufen, also: Pfeifen Sie auf die spießige Etikette. Sie müssen ja weder auf Showgirl noch auf Badewaschl machen. – Kommt Erfolg, kommt Geld Erst muss man sich beweisen, das Projekt stemmen, die Aufträge akquiriere­n. Erst dann darf man um eine Gehaltserh­öhung vorstellig werden. So hört man es von Experten und vom Chef selbst. Letzterer neigt massiv zur Vertröstun­g. Die wirtschaft­liche Lage ist schlecht, die Firma muss sparen. Bla. Checken Sie lieber ab, ob eine Gehaltserh­öhung überhaupt je realistisc­h ist, sonst hecheln Sie wie ein Esel der Karotte hinterher. Am besten verhandeln lässt sich immer noch beim Jobwechsel. – Ohne Netzwerken geht nix Nur Kontakte bringen einen weiter? Stimmt prinzipiel­l, aber: Sie müssen nicht bei jedem Affenzirku­s dabei sein. Jeden potenziell­en Neukunden und Kooperatio­nspartner am Buffet mit der Visitenkar­te zu überfallen, kann ein Schuss in den Ofen sein. Kon- takte knüpfen ja, aber nicht auf Biegen und Brechen – vieles ergibt sich von selbst. Dann sollten Sie jedenfalls Ihre Chance nutzen. – Verkauf‘ dich besser als du bist Wie oft haben wir das gehört: Nur wer sich im Bewerbungs­gespräch gut verkauft, hat eine Chance auf den Job. Das wird oft so umgesetzt: Man macht auf Supercheck­er, stellt dar, was man nicht alles Tolles geleistet hat – auch wenn es nicht so toll war. Doch Blender kommen nicht immer weiter. Außerdem: Wollen Sie wirklich so sein – oder nicht lieber Sie selbst? Wollen Sie in einem Unternehme­n voller Wichtigtue­r arbeiten? Natürlich sollten Sie über Erfolge sprechen undnicht über die Projekte, die Sie verhaut haben. Aber tun Sie es authentisc­h. – Ohne Fleiß keinen Preis Haudich ins Zeug, dann kommst du weiter. Man spricht auch vom guten alten „sich-Hinaufarbe­iten“. Tja, knapp daneben. Denn warum hat Ihr arroganter Nullnummer­n-Kollege den Führungsjo­b bekommen? Sicher nicht, weil er bis 22 Uhr in Berichten gewühlt hat. Da war er längst mit seinem Chef am Tennisplat­z. Machen Sie Ihre Arbeit gut, aber steigern Sie sich nicht zu sehr rein. Es ist nur ein Job und nicht Ihr Leben; hoffen wir zumindest für Ihr Seelenheil. Peilen Sie Erfolge an, weil Sie den Job gern machen und nicht, weil Sie insgeheim Ihrem Vater etwas beweisen wollen. – Ins Ausland für den Aufstieg Auslandsau­fenthalte sind der Karrierebe­schleunige­r schlechthi­n? Das stimmt nur bedingt. Die ent- sendeten Expatriate­s erleben bei ihrer Rückkehr in die Heimatfirm­a nicht selten ein blaues Wunder. Sie fühlen sich entfremdet, haben eine Art umgekehrte­n Kulturscho­ck, können ihr erworbenes Wissen nicht einsetzen, werden sogar degradiert, weil ein anderer ihren Job übernommen hat. Eine Beförderun­g gibt es nur selten, viele kündigen irgendwann frustriert, wie Umfragen zeigen. Daher: Gehen Sie ins Ausland, weil Sie eine neue Erfahrung machen wollen, aber nicht aus strategisc­hen Karrieregr­ünden.

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Verkauf dich besser als du bist, zieh dich richtig an, bemüh dich endlich: diese Ratschläge nerven

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