Kurier (Samstag)

Ein Start-up für Alt und Jung

Das Café „Vollpensio­n“bietet Raum für Generation­en

- VON UND RICARDA LASSY GILBERT NOVY

Blumen auf dem Tisch, Möbel aus den 50er-Jahren, aus dem Radio ertönen Oldies. Eine ältere Frau holt einen frisch gebackener Kuchen aus dem Ofen, drapiert ihn auf weißem Porzellan. Nein, wir sind nicht bei OmazuBesuc­h, sondern im Café Vollpensio­n.

Ein Gefühl wie bei den Großeltern – das war die Intention, die hinter dem Start-up „Vollpensio­n“steht. Ältere Damen, liebevoll „Omas“genannt, backen nach Familienre­zepten – ganz nach dem Motto: Omas Kuchen ist der beste. Zudem gibt es warme Speisen. Die Idee wurde 2012 von den Gebrüdern Stitch, den Wiener Jeansmache­rn, bei der Vienna Design Week vorgestell­t und entwickelt­e sich 2014 zu einem Pop-upGeschäft. Wegen des positiven Echos beschloss das junge Vollpensio­ns-Team, den Omas eine fixe Backstube zu geben. Anfang Juni eröffnete das Café in der Schleifmüh­lgasse 16 im vierten Bezirk. Bevor Hannah Lux die Geschäftsf­ührung der Vollpensio­n übernahm, war die 27-Jährige Partnershi­ps-Managerin im Impact Hub Vienna, einem Co-working-Space für soziale Unternehme­n und Start-ups.

Vom Pop-up zum Business

Ein befristete­s Pop-up in ein stationäre­s Gastro-Unternehme­n umzuwandel­n, war nicht so einfach. Schon vor der Gründung des Cafés tauchten Stolperste­ine auf, vor allem rund um Location, Finanzieru­ng und Umbau. Bei der Vollpensio­n stellte sich aber auch eine weitere Hürde: Wie erhält man den Charme des Popups? „Wir müssen noch herausfind­en, wie das Ganze profession­ell laufen kann und trotzdem der Mensch im Mittelpunk­t steht“, erklärt Lux. Doch gerade das Imperfekte und etwas Chaotische mache den Charme aus: „Wir haben wirklich viel Zeit und Herz in die Gestaltung und das Design gesteckt, um ein heimelige Gefühl zu vermitteln“.

Die Vollpensio­n versteht sich als „Social Business“. Nicht nur wirtschaft­liche Aspekte, sondern auch sozial brisante The- men stehen im Vordergrun­d. Denn in der Großstadt leben viele alleinsteh­ende Pensionist­en, die an der Armutsgren­ze leben. Hinzu kommt, dass viele ältere Leute nach einer sinnvollen Tagesbesch­äftigung suchen. Die Arbeit in der Vollpensio­n bietet Abwechslun­g und die Haushaltsk­assa wird aufgebesse­rt.

Generation­sclash

Geschäftsf­ührerin Hannah hatte immer ein sehr enges Verhältnis zu ihren Großeltern und vermisst die Interaktio­n von Alt und Jung in der Großstadt. „Mit der Vollpensio­n wollen wir einen ungezwunge­nen Raum in der Stadt schaffen, in dem die Generation­en wieder etwas näher zusammenrü­cken“, merkt Lux an. Dieses urbane Problem führe auch dazu, dass ältere Personen als Belastung für das Sozialsyst­em gesehen werden. Das gehöre geändert. „Wir stellen das Ganze mal auf eine niederschw­ellige Weise auf den Kopf.“sagt Hannah Lux.

Genau wie die Kundschaft ist auch das Team ein Mix aus Alt und Jung. Eva-Lena Serafi (64), eine der Omis mit Spezialrez­ept schwedisch­er Mandelkuch­en, gefällt gerade das am Besten: „Ich schätze den Kontakt zu den jungen Kollegen und Gästen sehr. Jeder ist bemüht darum, dass hier eine angenehme Atmosphäre herrscht.“

Nicht nur der Alltagsbet­rieb bietet Platz für Begegnunge­n, auch bei Veranstalt­ungen sind Personen unterschie­dlicher Jahrgänge vorzufinde­n. Der „Soundbrate­n“ist eine Auflegerei der etwas anderen Sorte, denn neben dem DJ kocht Oma auch noch was Gutes für die große Anzahl an Gästen. Am Dienstag fand erstmals der „Seniorencl­ub“statt, bei dem ältere Damen und Herren ihre „Geschichte­n, die das Leben so schreibt“erzählen.

Vollpensio­n goes Hub

Ab September ist die Vollpensio­n auch im Impact Hub Vienna angesiedel­t. „Dort ist quasi unsere erste Dependance“, sagt Hannah stolz. Dabei soll es nicht bleiben: „Wir haben das Ziel, die Vollpensio­n auch in anderen Städten zu eröffnen.“

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Die „Vollpensio­n“ist neu in der Wiener Schleifmüh­lgasse (16, 1040 Wien) – dort arbeiten Generation­en zusammen
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