Fabelhafte WELT vea kaiser
Des Juleis Mitte ist überschritten, doch eines vermisse ich schmerzlich: das Sommerloch. Ist es nicht herrlich, wenn wochenlang diskutiert wird, ob der Verzehr von Muttermilch-Eiscrème in Ordnung sei oder ein wild herumlaufender Bär, Schwan oder Brillenkaiman ein Problem darstelle? Mir sind die Sommerlöcher heilig, denn unterm Strich sind sie vor allem eines: Ausdruck geballter Langeweile und von der Langweile gibt es heutzutage eh zu wenig. Erinnern Sie sich an die Sommer ihrer Kindheit! Zu welch famosen Abenteuern verleitete Sie die Langeweile? Die Langweile ist eine überaus produktive Kraft: sie macht uns neugierig. Nur wer gelangweilt ist, sucht nach alternativen Möglichkeiten, die Zeit zu überbrücken. Mich verleitete die Langeweile beispielsweise zu dem Wissensdrang, wie eine Nacktschnecke schmeckt (salzig), wie der Nachbarsbursch zwischen den Beinen aussieht (anders), oder ob man dem Kaninchen Puppen- kleider anziehen kann (ja). Genau betrachtet verdanken wir unsere gesamte Kultur der Langeweile, besonders dem gelangweilten Sitzen unter Bäumen. Isaac Newton entdeckte das Gravitationsgesetz, als ihm ein Apfel auf die Birne fiel. Kaiserin Lei Zu erfand die Seide, als sie unter einem Maulbeerbaum mit dem Kokon einer Raupe spielte. Und nicht zuletzt meine Lieblings-Gelangweilte: Eva. Hätte sie im Garten Eden genug zu tun gehabt, hätte sie sich nicht von der Schlange verführen lassen, in den Apfel zu beißen. Ich kann Eva sehr gut verstehen. Wäre ich in einem Garten eingesperrt, wo man nichts anderes machen kann, als herumzulungern, würde ich auch neugierig auf den Apfel werden. Und was passierte? Die beiden erfanden Bekleidung, Hausbau und legten den Grundstein für so vieles andere, was uns heute erfreut. In diesem Sinne: Komm, Du süße Langeweile, ich warte unterm Baum auf Dich.