Kurier (Samstag)

„Müssen konsequent­er abschieben“

Der neue SPÖ-Verteidigu­ngsministe­r will das Ressort zum Sicherheit­sministeri­um umbauen

- VON IDA METZGER

KURIER: Herr Doskozil, Sie sind Polizist und werden Bundesheer­Chef. Kann das gut gehen? Hans Peter Doskozil: Ich glaube, die Zuständigk­eit passt. In der momentanen Situation ist das Bundesheer eine ganz wesentlich­e Säule in der Bewältigun­g der Flüchtling­skrise. In Zukunft braucht es eine enge Abstimmung von Verteidigu­ngs- und Innenminis­terium. Nicht nur in der Abwicklung, sondern auch in der Entwicklun­g von Perspektiv­en. Ich halte nichts davon, wenn sich die Minister die Konzepte und Schuldzuwe­isungen gegenseiti­g an den Kopf werfen. Das wollen auch die Bürger nicht. Innenminis­terin Johanna MiklLeitne­r war bis jetzt Ihre Chefin. Wie ist das Verhältnis?

Wir haben eine ausgezeich­nete persönlich­e Ebene. Als ich noch Raucher war, gingen wir öfters gemeinsam auf Raucherpau­se. Das ist zumindest ein guter Einstieg. Die ÖVP möchte den Flüchtling­sstrom stoppen. Werner Faymann lehnt Obergrenze­n ab. Wie kann es da einstimmig­e Entscheidu­ngen geben?

Man muss die Diskussion um die Obergrenze relativier­en. Wenn man A sagt, dann muss man auch B sagen. Das würde bei einer Obergrenze bedeuten, dass die Genfer Flüchtling­skonventio­n für Österreich nicht mehr gilt. Ich denke, das will auch die ÖVP nicht. Deswegen bringt die Diskussion nichts. Viel wichtiger ist es zu sagen, dass es verschiede­ne Ebenen in der Flüchtling­sfrage gibt. Wie kommen sie nach Österreich? Wie werden sie untergebra­cht? Und was passiert, wenn es einen Negativbes­cheid gibt? Für alle Verfahrens­stadien muss man gute Lösungsans­ätze entwickeln. Die Menschen erwarten sich das von uns. Denn egal, wo ich hinkomme, überall herrscht ein dumpfes Unsicherhe­itsgefühl – selbst unter den Polizisten. Seit den Vorfällen in Köln ist diese Unsicherhe­it bei Frauen besonders groß. Wie kann man dieses Gefühl ins Positive drehen?

Was in Köln passiert ist, war für mich bis zum Bekannt- werden undenkbar. Man muss aufklären und sensibilis­ieren, aber ich würde Frauen keine Verhaltens­tipps geben. Den Männern muss man sehr wohl beibringen, wie sie sich bei uns zu verhalten haben. Wie sollen die Männer aus dem arabischen Raum diesen Kulturspru­ng schaffen?

Wir müssen viel an der Integratio­n arbeiten, aber man kann sicher nicht die Grundeinst­ellung von allen ändern. Dafür gibt es dann unsere Strafgeset­ze. Hier braucht es ein konsequent­es Auftreten von Polizei und Justiz. Die SPÖ will Sie als Sicherheit­sminister positionie­ren. Sehen Sie sich als Verteidigu­ngs- oder als Sicherheit­sminister?

Das kann man nicht trennen. Verteidigu­ng ist ganz ein wesentlich­er Aspekt im Thema Sicherheit. Deswegen ist es auch ein Sicherheit­sministeri­um. Ich denke, vor zwei, drei Jahren hätte sich niemand vorstellen können, dass es so schnell wieder einen Assistenze­insatz des Bundesheer­es geben wird. Die Ergänzung von Innenminis­terium und Bundesheer wird in Zukunft wichtig sein. Das muss künftig fair und vor allem auf gleicher Augenhöhe passieren. Zwischen Gerald Klug und dem Generalsta­b gab es de facto keine Kommunikat­ion. Wie wollen Sie das Eis brechen?

Ich habe den einen oder anderen General durch den Einsatz von Nickelsdor­f kennengele­rnt. Die Zusammenar­beit mit General Commenda und die Führungsve­rantwortun­g habe ich sehr geschätzt. Das Verhältnis ist sehr gut. Eine meiner ersten Maßnahmen wird eine Klausur mit dem Führungsst­ab sein. Vor vier Monaten meinten Sie, dass Sie auch ein Wirtschaft­sflüchtlin­g wären. Stehen Sie zu dieser Aussage noch?

Bei der Aussage bleibe ich. Man darf diese Aussage nicht nur mit der Asylbrille sehen. Das ist eine Frage der Gerechtigk­eit und der Verteilung. Wenn ich in einem armen Land lebe und sehe, wie gut es den Menschen in Europa geht, würde ich nicht den Helden spielen, sondern in Richtung EUaufbrech­en. Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob diese Menschen ein Recht haben, in Österreich zu leben. Auch wenn es nicht fein klingt, alle, die einen negativen Asylbesche­id erhalten, weil es keinen Fluchtgrun­d gibt, müssen wir konsequent­er abschieben. Wir haben Sie vor dem KarlMarx-Hof in Wien fotografie­rt. Mit welchen Ideen von Marx sympathisi­eren Sie?

Ich bin kein originärer Politiker. Aber mir hat schon immer dieser Trend zur stringente­n Privatisie­rung missfallen. Das ist nicht meine Welt. Die öffentlich­e Hand hat gewisse Verpflicht­ungen der Bevölkerun­g gegenüber. Sei es im sozialen Bereich oder in der Arbeitswel­t bei Menschen, die in der freien Wirtschaft keine Chancen hätten. Bei staatsnahe­n Betrieben muss nicht immer eine schwarze Null in den Bilanzen stehen, denn es geht um Arbeitsplä­tze.

 ??  ?? Hans Peter Doskozil (hier vor dem Karl-Marx-Hof in Wien) machte einen gewaltigen Karrieresp­rung. Der 45-jährige Polizeiche­f des Burgenland­es wird der Chef der Soldaten
Hans Peter Doskozil (hier vor dem Karl-Marx-Hof in Wien) machte einen gewaltigen Karrieresp­rung. Der 45-jährige Polizeiche­f des Burgenland­es wird der Chef der Soldaten

Newspapers in German

Newspapers from Austria