Wenn der soziale Aspekt beim Tanz im Zentrum steht
Kritik. Der französische Choreograf Jérôme Bel gilt seit zwanzig Jahren als Enfant terrible der internationalen Tanzszene. Sein im Vorjahr entstandenes Stück „Gala“war als österreichische Erstaufführung nun im Tanzquartier zu sehen.
Was seinen Stil betrifft, stagniert Bel und knüpft bei seinem Kultstück „The show must go on“von 2001 an. Auch jetzt sind zwanzig Performerinnen und Performer auf der Bühne, jung und alt, Profis und Laien, Menschen mit und ohne besonderen Bedürfnissen. Durch diese engagierten Tänzerinnen und Tänzer wirkt das dramaturgisch klug aufgebaute Stück vor allem sympathisch. Alle dürfen alles tanzen, niemand wird ausgeschlossen.
Keine Grenzen
Durch die Aufhebung von Grenzen auf der Bühne, die sich auf das Publikum überträgt, entsteht ein Wir-Gefühl. Jede und jeder darf sich im Ballett versuchen. Nicht die Virtuosität zählt, sondern die individuelle Fähigkeit. Die Zuschauer müssen sich darauf einlassen, keine artifizielle Bühnenkunst zu sehen. Im Tanzquartier gingen sie begeistert mit.
Verschiedene Ausrichtungen des Tanzes vom Walzer bis zu Michael Jacksons Moonwalk entwickeln eine spontane Kraft. Neben solistischen Einlagen treten immer wieder einzelne Performer vor die anderen, die ihre Bewegungen in unterschiedlichen Interpretationen aufgreifen.
Bel interessiert sich zunehmend für soziale Hintergründe von Choreografien und rückt die kommunikativen Möglichkeiten des Tanzes in den Mittelpunkt. So erinnert „Gala“oft mehr an Castingshows im TV als an jene innovativen Performances, die ihn einst bekannt machten. Doch der Menschen verbindende Aspekt könnte zukunftsweisend für den Tanz sein.