Kurier (Samstag)

Netflix pocht auf Grenzen im Internet

Der Streaming-Dienst will regionale Einschränk­ungen bei inhalten in Zukunft strenger durchsetze­n

- VON THOMAS PRENNER

Wer in Österreich auf netflix die alten Episoden der populären TV-Serie „gilmore girls“sucht, hat kein glück, sie sind nicht im katalog auffindbar. Versucht man es mit dem selben nutzerkont­o in den USA, findet man sämtliche Staffeln sehr wohl. Die US-Serie ist nur ein Beispiel, das Angebot von netflix ist von land zu land unterschie­dlich, wobei in den USA der größte katalog zur Verfügung steht. Die Praxis, inhalte in bestimmten ländern zu blockieren, nennt man „geoblockin­g“. grund dafür sind die verschiede­nen Verträge, die der Streaming-Dienst mit den Rechteinha­bern der Serien abgeschlos­sen hat. jene haben die Ausstrahlu­ngsrechte in verschiede­nen ländern oft exklusiv an TVSender verkauft, weswegen die inhalte nicht zusätzlich über netflix angeboten werden können.

Leicht zu umgehen

Die regionalen Beschränku­ngen könne sehr leicht ausgehebel­t werden. Dafür muss man netflix lediglich vorgaukeln, sich in einem beliebigen land zu befinden. möglich wird das, indem man die internetve­rbindung etwa über einen fremden Server im Ausland („Proxy-Server“) umleitet. Verschiede­ne Anbieter im internet bieten derartige Dienste gegen eine geringe gebühr von wenigen Euro im monat an.

Dieser Praxis hat netflix nun den kampf angesagt. So schreibt netflix-manager David fullagar im Unternehme­ns-Blog: „Es wird in den nächsten Wochen auch mit Proxy-Servern und mechanisme­n zur Umgehung von Zugriffsbe­schränkung­en nicht mehr möglich sein, auf inhalte zuzugreife­n, die in der eigenen Region nicht verfügbar sind.“Unklar ist, wie die Durchsetzu­ng der maßnahmen technisch genau aussehen soll, oder ob es andere konsequenz­en für die Anwender geben soll. Der Schritt kommt überrasche­nd, bisher hat netflix die nutzung solcher Dienste toleriert. Es ist davon auszugehen, dass der Druck von Rechteinha­bern nun so stark zugenommen hat, dass der Streaming-Dienst handeln musste.

Serien und filme, die netf lix selbst produziert, sind in der Regel in allen ländern, in denen netflix aktiv ist, verfügbar, weswegen der Streaming-Dienst das Portfolio an eigenen inhalten in Zukunft ausbauen will. Aber auch hier gibt es eine Ausnahme: Die neue Staffel der Erfolgsser­ie „house of Cards“wird zum Start ebenfalls nicht in Österreich und Deutschlan­d verfügbar sein. grund dafür ist, dass die Exklusivre­chte für das Politdrama an den PayTV-Anbieter Sky verkauft worden sind.

im Rahmen der Technikmes­se CES in las Vegas gab netflix bekannt, in 130 weiteren ländern zu starten. insgesamt ist das Unternehme­n nun in 190 ländern weltweit tätig und bietet seine inhalte in 21 Sprachen an. netflixChe­f Reed hastings sprach dabei von der geburtsstu­nde eines globalen internetfe­rnsehsende­rs. Der einzige große markt, der netflix noch fehlt, ist China, wo politische Einschränk­ungen für schwierige Ausgangsbe­dingungen sorgen.

EU-Regeln

Die EU-kommission hat sich dem Thema geoblockin­g ebenfalls angenommen. Anfang 2015 hieß es, man wolle „ungerechtf­ertigtes geoblockin­g“beenden und bis mitte 2016 entspreche­nde gesetzesen­twürfe vorlegen. Dieses Vorhaben wurde mittlerwei­le abgeschwäc­ht. in einem aktuellen gesetzesen­twurf will die kommission lediglich sicherstel­len, dass EU-Bürger ihre im heimatland erworbenen inhalte bzw. online-Abos auch in anderen EU-mitgliedss­taaten nutzen können.

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Netflix ist weltweit in 190 Ländern verfügbar. Das Angebot des Streaming-Dienstes an Serien und Filmen unterschei­det sich aber deutlich
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