Oscars: Kritik an „Weißwaschung“
Auch die Präsidentin der Oscar-Akademie beklagt fehlende Diversität unter den Nominierungen
2002 gestaltete die Künstlerinnen-Gruppe „Guerrilla Girls“einen „anatomisch korrekten Oscar“– die Figur eines weißen, dicklichen Mannes, „ganz wie die Typen, die den Oscar gewinnen“.
Bei den diesjährigen Nominierungen für den Filmpreis wird deutlich, dass sich am Gegenstand der Kritik wenig geändert hat: Mit Ausnahme des mexikanischen Regisseurs Alejandro G. Iñárritu („The Revenant“) finden sich keine Nicht-Weißen in den Hauptkategorien. Die Empörung in der Branche ist groß, unter dem Hashtag #oscarssowhite – der bereits im Vorjahr eingeführt wurde – tobt via Twitter eine heftige Debatte.
Besonders sauer stößt heuer auf, dass Afroamerikaner und Afroamerikanerinnen, Latinos und Latinas nicht einmal dann zum Zug kommen, wenn sich ein Film eigentlich um sie dreht: Sylvester Stallone ist etwa für seine Nebenrolle im BoxerFilm „Creed“nominiert, der Hauptdarsteller Michael B. Jordan nicht. Das HipHopDrama „Straight Outta Compton“über die Karriere der Rap-Gruppe N.W.A. hatte einen schwarzen Regisseur und fast durchwegs schwarze Darsteller – für den Oscar nominiert ist aber nur das weiße Duo, das das Drehbuch schrieb.
Tempo gefragt
Cheryl Boone Isaacs, die Präsidentin der Oscar-Akademie, zeigte sich von der mangelnden Diversität „enttäuscht“: Sie selbst ist die erste Afroamerikanerin der Geschichte, die den Vorsitz über den Verband jener rund 6.000 Filmschaffenden innehat, die über die Nominierun- gen und später auch die Gewinner entscheiden. „Wir müssen mehr Tempo machen“, sagte Boone Isaacs über die Bestrebungen, die Vielfalt in Hollywood zu steigern.
Laut Los Angeles Times wird rund die Hälfte aller Kinotickets in den USA von Nicht-Weißen gekauft, während drei Viertel aller Rollen in Hollywood-Filmen von Weißen verkörpert werden. Trotz dieser strukturellen Ungleichheit gäbe es großen Pool an nicht-weißen Darstellern und Darstellerinnen, die für eine Auszeichnung infrage kämen.
Unter den Hoffnungsträgern waren heuer Will Smith (für „Concussion“) und Idris Elba (für seine Rolle in „Beasts of No Nation“). Sie alle gingen leer aus. Favorit für die Oscars ist „The Revenant“mit Leonardo DiCaprio mit 12 Nominierungen.