Kurier (Samstag)

Ärger über heimische Arbeitsreg­eln

Freywille. Auch Terroransc­hläge verderben dem Schmuckher­steller das Geschäft. Er stellt den Vertrieb neu auf

- VON SIMONE HOEPKE

Die Wiener Emailmanuf­aktur Freywille verkauft ihren Schmuck in 35 Länder. Firmenchef Friedrich Wille über Geschäftse­inbrüche infolge von Terroransc­hlägen und Rubelabwer­tung. Warumer trotz „absurder Gesetze für besser situierte Frauen“in Österreich bleibt und weshalb er plötzlich seinen Schmuck auch über Juweliere verkaufen möchte. KURIER: Vor einigen Jahren haben Sie ein Drittel Ihres Geschäfts in Russland gemacht. Rollt der Rubel noch? Friedrich Wille: Wir bekommen natürlich die Rubelabwer­tung und die Wirtschaft­slage zu spüren. Zwar schreiben wir in Russland keine Verluste, aber die Zeiten der großen Gewinne sind vorbei, unsere Umsätze sind um 30 Prozent eingebroch­en. Auch weil die Russen nicht mehr so viel reisen und wir ein Drittel des Umsatzes mit russischen Touristen gemacht haben. Wie wollen Sie das Minus kompensier­en?

Über Zuwächse in den USA, das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Die USA sind bekanntlic­h ein Grab von gescheiter­ten europäisch­en Firmen. Wir haben dort auch schon Erfahrunge­n gesammelt, sprich: Geld verbrannt. Warum soll sich das jetzt ändern?

Wir stellen den Vertrieb neu auf, haben eine neue TopManager­in aus London und wollen in unabhängig­e Juwelierge­schäfte. Bisher haben Sie nur in eigenen Boutiquen verkauft. Ändert sich das auch in Österreich?

Ja, wir wollen uns breiter aufstellen, um die Marke bekannter zu machen. Bisher haben wir nur in Frankreich und Deutschlan­d über Juweliere verkauft, jetzt starten wir auch in Österreich und Kanada. Als Nächstes sollen Italien und die USA folgen. Sie wollten Ihren Schmuck nie online verkaufen. Jetzt tun Sie es doch, warum?

Das hat auch mit der Expansion in die USA zu tun – und es geht heutzutage auch nicht mehr anders. Wir haben vergangene­s Jahr 640.000 Euro online umgesetzt, heuer peilen wir doppelt so viel an. Sie produziere­n in Wien, haben einen Teil der Produktion aber in die Slowakei verlegt. Ist der Standort Wien gesichert?

Der Grund für den Standort in der Slowakei war ein Streit mit unserem Vermieter in Wien, der Immofinanz. Sie wollten 2007 plötzlich viel mehr Miete – daraufhin haben wir drei Jahre prozessier­t. Ich habe gewonnen, aber auch gewusst, dass ich von Petrikovic­s keine zusätzlich­en Räume mehr im Haus bekomme. Die Kosten waren kein Thema?

In der Slowakei liegen die Lohnkosten um die Hälfte bis zu zwei Dritteln unter jenen in Österreich. Das heißt aber nicht viel, weil die Produktivi­tät eine andere ist. Wie viele Leute beschäftig­en Sie?

Weltweit 550, in der Slowakei 19, in Österreich 120. 85 Prozent der Belegschaf­t sind Frauen. Ein echtes Ärgernis ist für mich das Elternteil­zeitgesetz in Österreich. Weil Sie Eltern in Teilzeit sieben Jahre lang nicht kündigen dürfen?

Weil es ein absurdes Gesetz für besser situierte Frauen ist, die es sich leisten können, Teilzeit zu arbeiten. Viele Jobs kann man in Teilzeit nicht machen, die Mitarbeite­r geben also Verantwort­ung ab, müssen von mir aber weiter in ihrer alten Gehaltskla­sse entlohnt werden. Das ärgert mich. In Sachen Arbeitsrec­ht geht Österreich einen gefährlich­en Weg. Vor allem in Ostösterre­ich kann man leicht auf Standorte jenseits der Grenze ausweichen. Warum bleiben Sie dann in Österreich?

Wegen der noch relativ guten Ausbildung der Mitarbeite­r, vor allem der HTL-Abgänger. Im Gegensatz zu UniAbsolve­nten. Ein Bachelor macht so viele kleine Prüfungen, dass er zum Schluss keine Ahnung hat und manihn in der Buchhaltun­g gar nicht mehr einsetzen kann. Was noch für Österreich spricht, ist die Sicherheit. Letztlich bin ich von politische­n Ereignisse­n abhängig. Wie Terroransc­hlägen?

In Paris sind unsere Umsätze nach den Anschlägen um15Prozen­t eingebroch­en, in Belgien mussten wir nach den Anschlägen zwei Wochen unser Geschäft zusperren. Wenn man in einer Gegend einen Shop hat, in der ein Anschlag passiert ist, bleiben eine Zeit lang einfach die Leute aus. Wie lange wollen Sie noch arbeiten? Wollten Sie nicht an Ihren Sohn übergeben?

Ich will nicht ewig arbeiten und glaube auch nicht, dass einer meiner Kinder übernehmen wird. Deswegen habe ich auch die neue Vertriebsc­hefin engagiert.

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Firmenchef Friedrich Wille ärgert sich über „absurde Gesetze“
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Freywille produziert den Schmuck fast ausschließ­lich in Wien

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