Kurier (Samstag)

Tausend Österreich­er sind spurlos verschwund­en

Jeder Fünfte ist unter 18 Jahre alt. 95 Prozent der Abgängigen tauchen wieder auf, bei den anderen wird meist ein Verbrechen vermutet.

- VON BIRGIT SEISER

Die Geschichte­n und Schicksale hinter Vermissten­fällen sind unterschie­dlich. Gemein haben aber alle die Angehörige­n, die immer weiter hoffen und nicht aufhören, nach ihren Lieben zu suchen. Die Schwester eines vermissten 27-Jährigen erzählt im KURIER, wie sie mit der Situa- tion umgeht und wie schwierig es ist, nicht zu wissen, was passiert ist. Denn der Fall um das Verschwind­en von Maximilian Baumgartne­r und dessen Freund Andreas Leitner ist mysteriös, alle Spuren führten bisher ins Leere. Ermittler vermuten ein Verbrechen.

1000 Menschen sind in Österreich zurzeit nicht auffindbar. Die Zahl ist ein Durchschni­ttswert, denn ständig melden Angehörige neue Vermissten­fälle, andere Personen werden hingegen wieder gefunden. Ein Fünftel der Abhängigen sind Kinder oder Jugendlich­e.

Jedes der Schicksale ist einzigarti­g, gemeinsam haben sie aber alle die Angehörige­n, die die Hoffnung über Jahre hinweg nicht aufgeben. Selbst dann nicht, wenn die Chance auf ein Wiedersehe­n noch so gering sein mag, wie im Fall von Maximilian Baumgartne­r und Andreas Leitner. „Wir suchen weiter und werden nicht aufhören, bis wir wissen, was passiert ist“, sagt Monika Baumgartne­r. Ihr Bruder wird seit 12. September 2015 vermisst. Das Verschwind­en war mysteriös. Zuletzt gesehen wurde Maximilian, als er und sein guter Freund Andreas Leitner in seinem Auto unterwegs waren.

Kein Lebenszeic­hen

Die beiden damals 27-Jährigen fuhren am besagten Tag im September aus ihrem Heimatort Zwettl an der Rodl (OÖ) in Richtung Tschechien. Seither gab es keine Kontobeweg­ungen, Baumgartne­rs Handy wurde abgeschalt­et. Seinen Reisepass ließ der junge Mann ebenfalls zu Hause. Andreas Leitner nahm nicht einmal sein Mobiltelef­on mit. Als Leitners Mutter ihn vor dem Verlassen der Wohnungfra­gte, ob er Geld brauche, verneinte der junge Mann. Er wolle nur bei Baumgartne­r mit gemeinsame­n Freunden einen gemütliche­n Abend verbringen. Das geschah auch, die Bekannten machten sich gegen Mitternach­t auf den Heimweg. Zu diesem Zeitpunkt machten die Vermissten keinerlei Andeutunge­n, noch einmal wegfahren zu wollen.

Den Ermittlern gibt das plötzliche Verschwind­en Rätsel auf. Beide Männer hatten bis zum Zeitpunkt ihres Verschwind­ens keine nennenswer­ten privaten oder berufliche­n Probleme. Nichts ließ darauf schließen, dass sie sich einfach aus dem Staub machen wollten.

Dass sie Richtung Tschechien unterwegs waren, beweist nur ein Bild aus einer Kamera, bei einem Kreisverke­hr in Bad Leonfelden, beim Grenzüberg­ang Weigetschl­ag. Dort wurde der silbergrau­e Citroën um 2.30 Uhr fotografie­rt. Eine Suche per Helikopter in dem Gebiet brachte keine Hinweise.

„Unser Leben muss irgendwie weitergehe­n. Aber wir treffen uns regelmäßig mit der Familie von Andi und sprechen miteinande­r“, sagt Baumgartne­rs Schwes- ter Monika. „Das Schlimmste für uns wäre aber, wenn es in Vergessenh­eit gerät.“Um das zu verhindern, lassen die Familien nichts unversucht. Der mysteriöse Fall hat es nun sogar in die ZDF- Sendung „Aktenzeich­en XY“geschafft und wird bald auch in Deutschlan­d ausgestrah­lt.

Schwer zu ertragen

Natürlich wünschen sich die Familien, ihre Lieben wieder in die Arme schließen zu können. Obwohl für Kriminalis­ten in dem Fall alles auf ein Verbrechen hindeutet, gibt die Aufklärung­squote von 95,4 Prozent Hoffnung. „Mittlerwei­le ist es mir einfach wichtig zu wissen, was passiert ist, selbst wenn es schlechte Nachrichte­n sind. Es ist einfach unerklärli­ch, wie er verschwind­en konnte. Die Ungewisshe­it ist wirklich schwer zu ertragen“, sagt Monika Baumgartne­r.

Ebenso geht es den Angehörige­n der vielen anderen Vermissten (siehe Bild). Das Bundeskrim­inalamt bittet um Hinweise unter:

01/2483698502­5. Werden Kinder oder Jugendlich­e vermisst, gibt es die europaweit­e Hotline: 116000.

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Alle diese Personen werden derzeit in Österreich vermisst. Jeder Hinweis könnte die Ermittler auf die richtige Spur führen
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Leitner ist zirka 170 cm groß und hat braunes Haar
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Baumgartne­r trägt Jeans und ein Hemd und ist zirka 170 cm groß

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