Kurier (Samstag)

Wachsamkei­t bei jedem Stimmzette­l

Hofburg-Wahl. Das Gesetz sieht fixes Prozedere bei der Auszählung vor, trotzdem soll es zu Fehlern gekommen sein

- VON RAFFAELA LINDORFER

Ein weißer A4-Zettel, in der Hälfte gefaltet und in ein Kuvert gesteckt: So weit, so gut. Der Weg, den der Stimmzettt­el dann über eine Urne im Wahllokal oder den Postkasten antritt, ist wesentlich komplizier­ter (siehe Grafik).

Gegen fünf Bezirke hat das Innenminis­terium Anzeige erstattet, weil das strenge Prozedere bei der Auszählung der Wahlkarten für die Bundespräs­identen-Stichwahl nicht eingehalte­n worden sein soll. Die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft prüft jetzt in der Stadt und im Bezirk Villach sowie in den Bezirken Wolfsberg und Hermagor in Kärnten. Am Mittwoch kam die Anzeige gegen einen Bezirk in der Südoststei­ermark dazu.

Auf die Finger schauen

Die betreffend­en Bezirkswah­lbehörden sollen die Wahlkarten vor dem offizielle­n Start – Montag, 9 Uhr – ausgezählt haben. Dadurch könnten Lücken bei der Kontrolle entstanden sein.

Über einen Stimmzette­l wachen viele Augen, er geht durch mehrere Hände, und durch jede Hand gleich mehrmals. „Wir zählen die Stimmzette­l so oft, bis jeder Zweifel ausgeräumt ist. Jeder schaut dem anderen genau auf die Finger“, schildert Melanie Eidler, Wahlbeisit­zerin für die Wiener SPÖ in Hernals.

Die 22-jährige Studentin verbrachte den vergangene­n Sonntag bei sommerlich­en Temperatur­en im Wahllokal – für eine Entschädig­ung von 45 Euro. Die Beisitzer der Grünen und der FPÖ kamen nicht. Unklug, findet Eidler: „Es wäre so wichtig, dass jede Partei vertreten ist. Dann kann man im Nachhinein nicht sagen, es wäre geschummel­t worden.“

Gegen den wiederholt­en Vorwurf, Beisitzer würden schwänzen, wehrt sich FPÖLandesg­eschäftsfü­hrer Andreas Guggenberg­er: „Das ist eine Unterstell­ung. Wir habenin jedem der 1504Wiener Sprengel einen Beisitzer und einen Ersatz gemeldet. Es kann aber schon sein, dass einmal jemand krank wird.“Ob und in welcher Besetzung die Parteien vertreten sind, lässt sich nicht quantifizi­eren – eine Liste gibt es nicht.

Auch zur nächsten Stelle, der Bezirkswah­lbehörde, kann jede Partei einen Beisitzer entsenden. Sie zählen am Montag unter der Aufsicht eines Beamten in seiner Funktion als Wahlleiter die Briefwahls­timmen aus. Das von allen unterzeich­nete Protokoll und die Niederschr­iften werden dann an die Landeswahl­behörde weitergele­itet. Diese werden dann wiederumvo­neiner Kommission kontrollie­rt und an die Bundeswahl­behörde im Innenminis­terium weitergele­itet. Kommt es zu einer Wahlanfech­tung, werden all diese Akten und Stimmzette­l noch einmal kontrollie­rt.

OSZE sah keinen Bedarf

Die Wahlbeobac­hter der OSZE (Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa) hält das österreich­ische Wahl- und Kontrollsy­stem offenbar für ausreichen­d sicher. Bei einem Besuch im Februar sahen die OSZE-Vertreter jedenfalls keinen Bedarf, die Wahlen am 24. April und am 22. Mai zu kontrollie­ren.

Stattdesse­n kamen auf Einladung des Außenamts Beobachter aus Thailand, Moldawien, Norwegen und Ungarn zum ersten Wahlgang, bei der Stichwahl schaute eine Vertreteri­n der slowakisch­en Wahlbehörd­e in Wien und Bad Vöslau zu.

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