Kurier (Samstag)

Fiskalrat warnt: „Rüffel aus Brüssel“

Defizit.

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Im Vorjahr war Österreich in punkto Budgetdefi­zit gut unterwegs. Entgegen den Befürchtun­gen des Fiskalrate­s – ein 15-köpfiges Expertengr­emium, das den Finanzrahm­en der Regierung mit den EU-Budgetziel­en vergleicht – könnte sogar ein „strukturel­l ausgeglich­ener Haushalt“erzielt werden. Das klingt komplizier­t, ist aber ein erfreulich­es Zeugnis für die Regierung. Ein strukturel­l verbessert­es Budget heißt nämlich: Unabhängig von der Konjunktur steht die Einnahmen- und Ausgabensi­tuation des Bundes, also der Staatshaus­halt, auf gesünderen Beinen, die Struktur hat sich also verbessert.

Für heuer und 2017 aber sieht der Fiskalrat rot. Bernhard Felderer, Präsident des Fiskalrate­s, warnt daher vor einem Rüffel aus Brüssel. „Es besteht die Möglichkei­t, dass Österreich die EU-weiten Fiskalrege­ln erheblich verfehlt“, sagt er. Dann würde der Frühwarnme­chanismus ausgelöst.

Laut EU darf Österreich höchstens 0,45 Prozent der Wirtschaft­sleistung an strukturel­lem Defizit erreichen. Die Regierung geht von 0,9 Prozent fürs laufende Jahr aus, was laut Felderer „noch im Rahmen wäre“, wenn man die Flüchtling­skosten berücksich­tige und den Toleranzra­hmen ausnütze. Doch der Fiskalrat glaubt, dass der Plan der Regierung nicht halten wird, und geht von einem höherem Abgang, nämlich 1,5 Prozent, aus. Damit würde Österreich die EU-Vorgaben sogar dann verfehlen, wenn man die Kosten für die Flüchtling­en herausrech­net. Die zwei Milliarden Euro an Aufwendung­en für die Flüchtling­e, die die Regierung eingeplant hat, hält der Fiskalrat für plausibel. „Wenn wir den Richtwert für neue Asylwerber von 37.500 einhalten, steigen die Kosten auch in den nächsten Jahren nicht“, betont Felderer.

Vom neuen Bundeskanz­ler erhofft sich der Fiskalrats-Präsident vor allem eine Senkung der Lohnnebenk­osten. Außerdem müsse es der Regierung gelingen, die privaten Investitio­nen anzukurbel­n. Diese seien für 85 bis 90 Prozent der gesamten Investitio­nen in Österreich verantwort­lich. Die Regierung müsse sich hier die Frage stellen, ob es schlau gewesen sei, in einer Phase schwacher Investitio­nen von Privatunte­rnehmen deren Besteuerun­g zu erhöhen.

Das Schlimmste überstande­n sein sollte bei den Ausgaben des Staates für die Bankenkris­e. Sie hat 36 Milliarden Euro oder zehn Prozent der Wirtschaft­sleistung gekostet.

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Bernhard Felderer, Fiskalrats-Präsident

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