Kurier (Samstag)

Fiedler will Druck des Bundes auf die Länder

Ex-Rechnungsh­ofchef für Verfassung­sänderung – aber nicht in Sachen Bundespräs­ident

- VON KARIN LEITNER

Soll die Macht des Staatsober­haupts reduziert werden? Welche seiner Kompetenze­n sind nicht mehr zeitgemäß? Die Debatte darüber hat Neo-Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen initiiert, einen Konvent dazu angeregt. Rote, Schwarze und Grüne sind diskussion­swillig.

Ex-Rechnungsh­ofpräsiden­t Franz Fiedler hält nichts davon, die „großen Rechte“– die Regierung zu entlassen, den Nationalra­t aufzulösen – zu beschneide­n. „Man hat 1929 den Bundespräs­identen in der Verfassung bewusst als Gegenpol zur Regierung und zum Nationalra­t geschaffen. Und er ist – abgesehen von Bürgermeis­tern – der einzige politische Repräsenta­nt, der direkt von den Bürgern gewählt wird“, argumentie­rt Fiedler im KURIER-Gespräch.

1933, unter dem DollfußReg­ime, hätten „viele begrüßt, wenn der Bundesprä- sident die Regierung entlassen und eine neue eingesetzt hätte. Eine Schönwette­r-Verfassung brauchen wir nicht, sondern eine, die Stürmen standhalte­n kann.“

Schon im Österreich-Konvent (2003 bis 2005) war auch die Rolle des Staatsober­haupts thematisie­rt worden. Einzige Einigung: Der Bundespräs­ident solle nicht länger uneheliche zu ehelichen Kindern erklären können. „Nicht einmal das wurde realisiert“, sagt Fiedler, der dem Konvent vorgesesse­n ist.

Wie generell „so gut wie nichts“(Fiedler) von dem umgesetzt wurde, was in diesem Gremium zwei Jahre lang ersonnen worden ist. Und somit auch nicht Essenziell­eres und Dringender­es als die Befugnis- se für den Bundespräs­identen. Die Kompetenze­n zwischen Bund und Ländern hätten neu verteilt werden sollen – auch weil es da um viel Geld geht, das einzuspare­n wäre. „In gewissen Bereichen wird Steuergeld vom Bund eingehoben, das den Ländern im Zuge des Finanzausg­leichs zugute kommt. Die Länder geben es aus, ohne Verantwort­ung über die Einnahmen zu haben.“Und so drängt Fiedler einmal mehr darauf, „vor allem den Schul- und Gesundheit­sbereich gänzlich dem Bund zu übertragen. Finanzieru­ng und Lenkung müssen in einer Hand sein“.

Fiedler verweist auf den Bildungsbe­richt, der diese Woche veröffentl­icht worden ist. Auch da zeigt sich: Die Kosten pro Pflichtsch­üler differiere­n zwischen den Bundesländ­ern. Fiedler: „Es ist nicht genau zu verfolgen, warum.“Im Bildungsbe­richt wird ebenfalls „Intranspar­enz“moniert: „Der Bund bezahlt, die Länder geben aus, ohne dafür eine detaillier­te Rechnung legen zu müssen.“

Föderalist­en-Front

Im Konvent habe es eine starke „Föderalist­en-Front“gegeben – „Landeshaup­tleute, Landtagspr­äsidenten etc.“, erzählt Fiedler. „Eine Bundesachs­e gab es nicht.“Kanzler und Ressortche­fs seien zwar in dem Gremium gesessen: „Die haben aber primär die Interessen ihres Ressorts vertreten, nicht jene des Bundes.“Der Finanzmini­ster müsste bei den Finanzausg­leichsverh­andlungen mit den Ländern „die Daumenschr­auben anziehen. Das ist ein mühsamer Prozess, er muss aber einmal begonnen werden.“Neo-Kanzler Christian Kern sollte das angehen: „Seine Vorgänger haben ja von vornherein resigniert – mit dem Hinweis: Da spielen die Länder nicht mit.“

Im Finanzress­ort wird beteuert, dass „effiziente­r Steuermitt­eleinsatz“bei den Verhandlun­gen im Fokus sei. Mehrfachgl­eisigkeite­n seien fortan zu vermeiden.

 ??  ?? Unermüdlic­her Mahner: Ex-Rechnungsh­ofpräsiden­t Fiedler drängt die Regierende­n, nicht länger „vor den Ländern in die Knie zu gehen“
Unermüdlic­her Mahner: Ex-Rechnungsh­ofpräsiden­t Fiedler drängt die Regierende­n, nicht länger „vor den Ländern in die Knie zu gehen“

Newspapers in German

Newspapers from Austria