Simple Strichfiguren erklären Wissenschaft
Cartoonist Randall Munroe, der mit dem Comic xkcd komplexe Fakten erläutert, im Interview
Seit mehr als zehn Jahren veröffentlicht Randall Munroe seine Comicreihe xkcd
(www.xkcd.com), in der er oft komplizierte wissenschaftliche Themen aufgreift, und hat damit die Herzen der Nerds und Geeks auf der ganzen Welt erobert. Der KURIER traf den US-Amerikaner zum Interview. KURIER: Wie ist die Idee zu xkcd ursprünglich entstanden? Randall Munroe: Ich habe als Student ziemlich viel in mein Notizbuch gezeichnet. Dann wollte ich das alles irgendwo speichern und aufbewahren, also habe ich die Zeichnungen eingescannt. Ich wusste zuerst nicht, was ich damit tun soll, dann dachte ich: Ich hab’ ja eine Webseite, auf der ich gar nichts mache. So hab’ ich die Zeichnungen online gestellt, damit meine Freunde, oder wen es eben interessierte, sie anschauen konnten. Wann war der Moment, als Sie realisiert haben, dass Ihre Zeichnungen wirklich breite, internationale Aufmerksamkeit erhalten?
Das war, als mir damals jemand sagte: „Hey, schick dein Zeug doch an meinen Freund Cory Doctorow, der betreibt eine Webseite namens Boing Boing ( große US-Webseite, Anm.), und er würde die Zeichnungen gerne dort veröffentlichen. Wäre das okay?“Also, da dachte ich dann: Oh oh, das wird groß. Was an Ihren Figuren auffällt: Es gibt keine Gesichter. Warum zeichnen Sie keine?
Ich hab’ einfach schon immer so gezeichnet, seit ich ein kleines Kind war. Mir hat es einfach besser gefallen, wenn ich ohne Gesichter gezeichnet habe. Ich habe das mehr als Symbole betrachtet, etwa so wie bei Piktogrammen, die haben auch keine Gesichter. Was Sie hingegen schon ver- wenden, sind unterschiedliche Geschlechter, also Mann und Frau.
Jaja, ich verwende unterschiedliche Arten von Haaren und Frisuren. Ich verwende auch manchmal Hüte. Ich trage zwar keine, aber ich brauche Möglichkeiten, die Figuren voneinander zu unterscheiden. Wie lange dauert es in der Regel, bis Sie eine Idee für ein einzelnes Comic so weit entwickelt haben, dass Sie diese dann auch umsetzen?
Man hat ständig irgendwelche Ideen, und die sammelt man dann in einem großen Haufen. Dann kommt die Deadline für das nächste Comic, und ich nehme jene Idee, die mir aus diesem Haufen am besten gefällt. Dann überleg’ ich mir, wie ich das Ganze umsetzen kann, und das kann entweder nur fünf Minuten dauern oder den ganzen Tag. Die Zeichnungen selbst gehen eigentlich immer sehr schnell, aber die Texte dazu, die können auch mal eine ganze Woche dauern, bis ich sie niedergeschrieben habe. Brauchen Sie ein bestimmtes Umfeld, um zeichnen zu können, haben Sie gewisse Abläufe für sich selbst festgelegt, die für den kreativen Prozess förderlich sind?
Normalerweise brauche ich einfach nur einen ruhigen Ort. Ich weiß, dass manche Leute sich in ein Café setzen, um zu arbeiten. Aber ich hab’ große Probleme damit, etwas zu zeichnen oder zu schreiben, wenn zu viele Leute um mich herum sind. Was würden Sie als die größte Herausforderung beim Zeichnen der Comics bezeichnen?
Ich hatte immer Probleme damit, Dinge zu Ende zu bringen. Es kann leicht passieren, dass ich 30 Sachen herumliegen habe, die halb fertig sind. Ich kenne viele Menschen, die alle orientiert nach Deadlines arbeiten müssen, ich kenne eigentlich niemanden, der vor einer Deadline fertig wird. Dieser Druck zwingt einen, Dinge zu Ende zu bringen. Und das ist auch immer der harte Teil für mich. Sehen Sie in Ihrer Arbeit, die oft sehr stark auf Sarkasmus setzt, abseits des häufig wissenschaftlichen Aspekts auch etwas Politisches?
Am Ende geht es bei allem irgendwie auch um politische Aussagen. Aber ich bin weder politisch noch unpolitisch in meiner Arbeit. Sie arbeiten viel mit InsiderWitzen, die vielleicht nicht sofort von allen Menschen verstanden werden. Sie erklären komplexe Themen und es gibt sogar eine eigene Webseite, die Ihre Comics erläutert. Was halten Sie von dieser Seite?
Ich denke darüber gar nicht viel nach. Ich denke gar nicht daran, dass ich Insider-Witze mache. Es sind einfach die Witze, die ich meinen Freunden erzähle. Was würden Sie machen, wenn Sie nicht xkcd zeichnen und davon leben würden?
Vielleicht höre ich irgendwann auf, das weiß man nie. Aber was ich wirklich daran mag, ist, dass ich alles ausdrücken kann, solange es in Form eines Bildes darstellbar ist. Also auch wenn mich irgendwann andere Themen mehr interessieren sollten, kann ich sie hier veröffentlichen. Im Sinne Ihrer „What if“-Reihe: Was wäre, wenn plötzlich alle Katzen das Internet verlassen würden?
Da gab es kürzlich eine Studie, wonach mehr Hunde im Internet zu finden sind als Katzen. Wir reden immer alle davon, dass Katzen das Internet beherrschen, aber ich glaube, da sind andere Tiere, die da die Führung übernehmen könnten. Vögel zum Beispiel. Zurzeit sind viele Videos mit Papageien in Umlauf. Dann gibt es Welpen, es gibt Hasen. Ich glaube, da wären einige Tiere, die übernehmen könnten, in dem Moment, wo die Katzen verschwinden.