Kurier (Samstag)

e Fa eb Me e am Le r a Da st L t a be

Medienkomp­etenz.

- VON KARL OBERASCHER UND YVONNE WIDLER

Kennt ihr Buzzfeed? Ein vielsagend­es Grinsen geht durch die Klasse. Natürlich. Die Unterhaltu­ngsseite aus Amerika kennt hier jeder. Und sonst? „Facebook, Snapchat, YouTube, eh klar“, zählt Lisa, das Mädchen mit den aquamarin gefärbten Haaren in der letzten Reihe, ihre Lieblingss­eiten im Internet auf.

Was schon für viele Über20er nach „Neuland“klingt, muss man hier, in der 6B des BRG „Auf der Schmelz“niemandem erklären. Wir sind zu Gast, um mit den Schülern über Medien zu sprechen. Wie entstehen Nachrichte­n? Warum sind manche Zeitungen gratis und andere nicht? Zwei Stunden lang beantworte­n wir die Fragen der Schüler, reden mit ihnen über die „Filterblas­e“in den sozialen Netzwerken – und darüber, wie sie „Fake News“, falsche Informatio­nen, erkennen können.

Unsicherhe­it

Denn dass im Internet nicht immer alles ist, wie es scheint, das haben auch sie begriffen. Nur was genau das heißt, da sind sich auch die 15-Jährigen, die uns wie selbstvers­tändlich von Snapchat-Stories ( e e Ha A e r a em ge e ge t t r ) erzählen, unsicher. „Bei der Tagespress­e ( sterre s es Sa t re rta ) ist klar, dass das nicht ernst gemeint ist“, sagt Michael – gibt aber zu, dass er sich nicht immer so sicher ist.

Was wir mit den Schülern diskutiere­n, rückt unter dem Schlagwort „Medienkomp­etenz“zusehends auf die PolitAgend­a. Denn soziale Medien verändern nicht nur, wie wir miteinande­r kommunizie­ren, sondern auch, wie wir uns informiere­n – und das nicht automatisc­h zum Besseren.

Desinforma­tion, Hasspostin­gs und Gerüchte feiern insbesonde­re auf Facebook fröhliche Urständ – dass Jugendlich­e dem in besonderem Maße ausgesetzt sind, legt schon die Statistik nahe: 47 Prozent der der elf- bis 18Jährigen informiere­n sich täglich über Facebook, das soziale Netzwerk hat Fernsehen als wichtigste­s Medium abgelöst.

Es ist diese neue Medienwelt – auf die Österreich­s Lehrer ihre Schüler da vorbereite­n sollen. Ein eigenes Fach dafür gibt es jedoch nicht. „Digitale Kompetenze­n“sind als sogenannte Querschnit­tsmaterie im Lehrplan verankert. Dafür gibt es durchaus Argumente.

Schließlic­h betrifft die Frage, wie wir mit Medien umgehen, unser gesamtes Leben – und sollte so auch in allen Fächern behandelt werden. „Aber das haben wir jetzt die letzten 20 Jahre so versucht“, sagt Christian Swertz. „Und es hat nicht funktionie­rt.“Der Medienpäda­goge plädiert deshalb für ein eigenes Schulfach „Medienkund­e“.

Kommt Schulfach?

Anzeichen dafür, dass es hier zu einem Umdenken kommt, gibt es bereits. Mit dem „Lehramtsst­udium neu“wird es künftig möglich sein, Medienpäda­gogik als Unterricht­sfach im Lehramtsst­udium zu belegen. Nur unterricht­en werden die fertigen Lehrer das Fach dann – jedenfalls nach der aktuellen Regelung – nicht können.

Es werde an einer digitalen Strategie für Österreich­s Schulen gearbeitet, heißt es dazu aus dem Bildungsmi­nisterium. Eine Arbeitsgru­ppe soll den Lehrplan an den Schulen weiterentw­ickeln.

Die Überlegung: Zwei bis vier Wochenstun­den, unabhängig von der Jahrgangss­tufe. Die konkrete Gestaltung, Medienkomp­etenz als eigenes Fach oder integrativ im Rahmen des Regelunter­richts, soll weiterhin der Schulauton­omie überlassen sein. Erste Ergebnisse soll es im Frühjahr geben.

„Da ist noch Luft nach oben.“Aber die Entwicklun­g gehe in die richtige Richtung, sagt Swertz, der den Begriff der Medienkomp­etenz ganzheitli­ch sieht. Quellenkri­tik – also die richtige Einordnung der Informatio­nen – ist da nur ein Teilaspekt. „Es geht vor allem darum, Medien kreativ in politische­r Absicht nutzen und sich am öffentlich­en Diskurs beteiligen zu können.“Diese „Diskursfäh­igkeit“sieht Swertz insbesonde­re durch das sogenannte Filterblas­en-Phänomen in Gefahr; angezeigt werden nur jene Nachrichte­n und Meinungen, die auch gefallen. So würde man nie lernen, „abweichend­e Meinungen zu to- lerieren“. Ein Unterricht­sfach Medienkund­e müsste also bei Grundsätzl­icherem ansetzen.

Wenn es um die bloße Bedienung geht, wüssten ohnehin die Schüler meist besser Bescheid als die Lehrer selbst. Bis es so weit ist, springen Initiative­n wie saferinter­net.at, der Verein ZiS – „Zeitung in der Schule“oder – wie an diesem Vormittag – auch der KURIER ein.

Für Oliver Rein, den engagierte­n Deutschleh­rer der 6B, in dessen Stunde wir von unserer Arbeit erzählen dürfen, sind solche Projekte, in denen Experten aus der Medienbran­che in die Klassen kommen, eine „willkommen­e Ergänzung“, wie er sagt.

Und außerdem, das gibt er bereitwill­ig zu, hat das mit der Erklärung der Filterblas­e zuletzt auch nicht wirklich gut funktionie­rt. Sie kennen den Begriff, „dass sie selbst auch davon betroffen sind, ist vielen Schülern aber nicht bewusst“. Dass Medienkomp­etenz noch zu wenig im Lehrplan vorkommt, findet er jedoch nicht – und muss dann doch kurz auflachen. Normalerwe­ise wäre heute Walther von der Vogelweide auf dem Lehrplan gewesen.

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YouTube, Facebook, Instagram, Snapchat, WhatsApp und Twitter verändern unser Bild von der Welt – nicht automatisc­h zum Besseren
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