Kurier (Samstag)

Evakuierun­g Aleppos kommt kaum voran

Syrien.

- VON STEFAN SCHOCHER

Es ist ein wackeliges Abkommen, das Zivilisten und Rebellen in Ost-Aleppo freies Geleit in die von Rebellen kontrollie­rte Region Idlib sichern soll. AmFreitag warerst einmal Schluss. Nach Schießerei­en nahe des Sammelpunk­ts für den Abtranspor­t – eine Straßenkre­uzung an der Umfahrung Aleppos – waren Regierung und Rebellen vor allem damit beschäftig­t, sich gegenseiti­g die Schuld zuzuschieb­en. Russland erklärte die Evakuierun­g kurzer Hand für beendet. Alle Kinder und Frauen seien aus den noch von Rebellen kontrollie­rten Gebieten Aleppos gebracht worden. Hilfsorgan­isationen gehen aber davon aus, dass sich dort noch 70.000 Menschen aufhalten. Vorerst fuhren jedoch keine Busse mehr.

Wechselsei­tige Vorwürfe

Damaskus wirft den Rebellen vor, versucht zu haben, durch den Bus-Korridor schwere Waffen und Gefangene zu schmuggeln – was laut Vereinbaru­ng untersagt ist. Außerdem wären es „terroristi­sche Gruppen“gewesen, die Gefechte rund umdenvorer­st letzten Transport eröffnet hätten. Ganz anders stellen Rebellen und Opposition die Lage dar. Regimetreu­e Kämpfer hätten das Feuer eröffnet. Vor allem schiitisch­e Gruppen an der Seite der Armee (iranische Einheiten, Hisbollah) würden blockieren.

Unstimmigk­eiten gibt es über eine von Teheran in das Abkommen verhandelt­e Klausel: Demnach müssen die Rebellen im Gegen- zug für den Abzug aus Aleppo die Blockade der zwei überwiegen­d schiitisch­en Orte Foua und Kefraya aufheben. Die Hisbollah selbst berichtete am Freitag, dass Protestier­ende in Aleppo die Abzugsrout­e blockiert hätten, weil eben das nicht geschehe.

Derweil hält auf internatio­naler Ebene die Schockstar­re über das „Versagen des UN-Sicherheit­srates“(Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel) an. Merkel sprach zudem von Verbrechen Russlands und des Iran, die geahndet werden müssten. Noch-US-Außenminis­ter John Kerry forderte erneut eine dauerhafte Waffenruhe für Syrien und freien Zugang für Helfer: Ein zweites Srebrenica müsse verhindert werden. Und Frankreich warb im Rahmen einer Dringlichk­eitssitzun­g des UN-Sicherheit­srates am Freitag erneut für eine Resolution: Darin werden internatio­nale Beobachter für Aleppo gefordert. Die Aussichten auf eine Annahme waren äußerst gering.

Bei seinem Besuch in Japan skizzierte Russlands Präsident Putin indes, wie er sich Syrien-Gespräche künftig vorstellt: Ankara als Schutzmach­t der bewaffnete­n Opposition, Moskau als Schutzmach­t Damaskus’. Das sei mit dem türkischen Staatschef Erdoğan be- reits so vereinbart worden. Stattfinde­n sollten die Treffen nicht mehr in Wien oder Genf sondern in der kasachisch­en Hauptstadt Astana.

Indes mahnte UN-Sondergesa­ndter de Mistura eine Lösung ein: Sonst werde die Rebellenho­chburg Idlib zum nächsten Aleppo.

 ??  ?? Rund 8000 Menschen wurden bisher aus Aleppo gebracht – am Freitag wurde die Aktion aber beendet
Rund 8000 Menschen wurden bisher aus Aleppo gebracht – am Freitag wurde die Aktion aber beendet

Newspapers in German

Newspapers from Austria