Kurier (Samstag)

Reallöhne werden wieder sinken

Effekte der Steuerrefo­rm sind bald wieder weg, daher müssen weitere Reformen her

- VON CHRISTINE KLAFL

Der Christtag ist heuer ein Sonntag, der 1. Mai war ebenfalls einer. Durch das Schaltjahr war der Februar einen Tag länger. Alles Beispiele dafür, dass Österreich heuer mehr Arbeitstag­e hatte als es nächstes Jahr der Fall sein wird. Dass die Konjunktur­experten der Forschungs­institute Wifo und IHS das Wirtschaft­swachstum für heuer und nächstes Jahr mit jeweils rund 1,5 Prozent ansetzen, sollte also eigentlich Grund zu Optimismus liefern: Nächstes Jahr schafft Österreich dieses Tempo mit weniger Arbeitsein­satz.

„Die Lage ist ernst, aber hoffnungsv­oll“, wandelt IHS-Chef Martin Kocher ein Zitat ab. Ernst sei die Lage auf dem Arbeitsmar­kt, die Wirtschaft­saussichte­n seien aber besser als noch vor einem halben Jahr. Das Positive am Arbeitsmar­kt: „Wir haben eine hervorrage­nde Beschäftig­ung“, sagt Kocher. Der große Schatten dabei: Noch stärker als die Beschäftig­ung steigt das Angebot an Arbeitskrä­ften – und damit steigt die Arbeitslos­igkeit weiter. Besondere Sorgen bereiten WIFO-Boss Christoph Badelt die vielen Langzeit-Arbeitslos­en(mehr als ein Jahr oohne Job). Vor drei Jahren machte ihr Anteil an allen Beschäftig­ungslosen 20 Prozent aus, jetzt beträgt er 34 Prozent.

Lichtblick­e

Doch bei aller Tristesse gibt es auch auf dem Arbeitsmar­kt Lichtblick­e. Bei den Inländern sei die Arbeitslos­igkeit heuer erstmals seit 2012 wieder gesunken. Weitere Silberstre­ifen: Nach Jahren mit Rückgängen stiegen – der Steuerrefo­rm sei dank – die privaten Konsumausg­aben spürbar an. Vor allem dauerhafte Konsumgüte­r, etwa Autos, wurden gekauft. Davon haben allerdings vor allem deutsche Autobauer profitiert und nicht so sehr die heimische Konjunktur.

„2016 war stark vom Konsum geprägt, das wird ab Mitte 2017 aber wieder abflachen“, sagt Wifo-Chef Badelt. Er sieht nämlich die „kalte Progressio­n“schon wieder heranschle­ichen. Dadurch und durch die steigende Inflation werden die Realeinkom­men (Netto abzüglich Teuerungsr­ate) in den kommenden beiden Jahren wieder leicht sinken.

Die Wirtschaft­sforscher fordern daher jetzt, mitten in einer mit großer Wahrschein­lichkeit stabilen Konjunktur, Reformen ein. „Eine kluge Steuerrefo­rm könnte Impulse liefern“, sagt IHS-Chef Kocher. Sein Kollege Badelt vom WIFO dazu: „Die Steuerrefo­rm war notwendig und wichtig. Aber jetzt stehen wir vor der Herausford­erung, die Struktur der Abgaben zu verändern.“

Was halten die Experten vom PensionsHu­nderter? „Nichts“, sagt Badelt. Viel hielte er dagegen von Pensionsre­formen.

Teuerung

In den nächsten Jahren werde der Verteilung­skampf bei den Lohnverhan­dlungen wieder härter werden, erwarten die Experten. Der Hintergrun­d: Die Inflation wird mit 1,7 bis 1,8 Prozent spürbar höher sein als zu- letzt. Einen Vorgeschma­ck darauf gibt es bereits: Im heurigen November lag die heimische Teuerung bei 1,3 Prozent – der dritthöchs­te Wert in der EU. Der Galopp bei den Mieten geht weiter, sie verteuerte­n sich im Jahresabst­and um 3,9 Prozent.

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WIFO-Boss Christoph Badelt (li.) und IHS-Chef Martin Kocher: Fordern Reformen ein
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