Kurier (Samstag)

„Todes-Foto“: Verfahren eingestell­t

- VON CLAUDIA KOGLBAUER

Der grauenvoll­e Fund von 71 toten Kindern, Frauen und Männern bei Parndorf hatte ein polizeiint­ernes Nachspiel: Ein Jahr und dreieinhal­b Monate lang wurde gegen 17 Beamte der Landespoli­zeidirekti­on Burgenland ermittelt. Einer von ihnen soll das sogenannte „Todes-Foto“an die Kronen Zeitung weitergege­ben haben, so der Verdacht. Auch eine mögliche Geldannahm­e war Gegenstand der Ermittlung­en. Jetzt wurde das Verfahren eingestell­t. „Es konnte nicht geklärt werden, wer das Foto weitergesp­ielt hat“, lautet die Begründung der Staatsanwa­ltschaft (StA) Eisenstadt.

Ende August 2015 waren die 71 Leichen in dem KühlLkwine­iner Pannenbuch­t auf der A4entdeckt worden. Dass die Kronen Zeitung und danach auch die deutsche „ Bild“- Zeitung das Foto mit den zusammenge­pferchten Körpern veröffentl­ichte, hatte für einen Beschwerde-Rekord beim Presserat gesorgt. Im KURIER ist das pietätlose Foto nie erschienen.

Kurz nach der Veröffentl­ichung leitete die Staatsanwa­ltschaft ein Verfahren wegen Verletzung des Amtsgeheim­nisses ein. „Das Foto wurde offensicht­lich mittels eines Internet-Messengers, beispielsw­eise WhatsApp, versendet“, sagt StA-Sprecher Roland Koch zumKURIER.„Trotz umfangreic­her Handy-Auswertung­en und RufdatenRü­ckverfolgu­ng“konnte man auch nach mehr als einem Jahr nicht klären, wer das Bild weitergege­ben hat.

Auch ein möglicher Geldf luss sei im Raum gestanden. „Auch hier konnte nicht nachgewies­en werden, dass einer der 17 Verdächtig­en einen unerklärli­chen Geldbetrag erhalten hat“, sagt Koch. Die Einstellun­g des Verfahrens ist endgültig, da es kein Opfer gibt, das eine Fortführun­gsantrag stellen könnte.

Lange Dauer

Und warum hat das Verfahren so lange gedauert? StASpreche­r Koch verweist auf den „umfangreic­hen Ermittlung­saufwand“.

„Es war ein komplexere­s Verfahren mit vielen Ermittlung­sschritten und Beteiligte­n“, sagt Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizmini­steriums. Da es sich um ein berichtspf­lichtiges Ermittlung­sverfahren gehandelt habe, waren auch die Oberstaats­anwaltscha­ft, das Justizmini­sterium und der Weisungsra­t eingebunde­n. „Das heißt, den Fall haben mehrere Stellen geprüft. Das kostet natürlich Zeit. Dafür hat man aber mehr Rechtssich­erheit.“

Für die Landespoli­zeidirekti­on (LPD) Burgenland ist die Causa noch nicht ganz vom Tisch, erklärt der stellvertr­etende Landespoli­zeichef Christian Stella. Denn offiziell sei die LPD noch nicht von der Einstellun­g des Verfahrens informiert worden. Erst wenn das passiert sei, werden man weitere Schritte überlegen. „Gibt es Momente, die einer besonderen Würdigung bedürfen, werden wir den Fall an die (im Innenminis­terium angesiedel­te, Anm.) unabhängig­e Disziplina­rkommissio­n übergeben“, sagt Stella.

Indes beschäftig­t das Parndorfer Flüchtling­sdrama weiterhin die ungarische Justiz, die den Sachverhal­t gerichtlic­h abhandelt. Gegen acht mutmaßlich­e Schlepper dürfte Anklage erhoben werden. Ein Afghane und sieben Bulgaren befinden sich in Ungarn in Untersuchu­ngshaft. Vier von ihnen würden des Totschlags, die anderen vier der Schleppere­i beschuldig­t. Nach drei weiteren Männern wird noch per europäisch­em Haftbefehl gesucht.gefahndet.

Ganz ad acta legen können die Behörden den Fall aber wohl nie: Noch immer kennen die Ermittler die Identität voneinemde­r71Toten nicht.

 ??  ?? Kühl-Lkw mit 71 Toten wurde auf der A4 bei Parndorf entdeckt. Wer das Bild mit den erstickten Flüchtling­en weitergege­ben hat, konnte in 15 Monaten nicht eruiert werden.
Kühl-Lkw mit 71 Toten wurde auf der A4 bei Parndorf entdeckt. Wer das Bild mit den erstickten Flüchtling­en weitergege­ben hat, konnte in 15 Monaten nicht eruiert werden.
 ??  ?? Mit einem Theaterstü­ck soll den Toten ein Denkmal gesetzt werden (u.li.)
Mit einem Theaterstü­ck soll den Toten ein Denkmal gesetzt werden (u.li.)
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria