Die Hüterin der Landesfrisur
Erwin Pröll wird 70. Seine Haartracht ist Markenzeichen des Jubilars. Der KURIER traf seine Frisörin
Es ist wohl die herausragendste Haartracht der österreichischen Innenpolitik. Seit vielen Jahren gilt die „Landesfrisur“als geflügeltes Wort in Niederösterreich. Der seine Glatze umgebende Haarkranz wurde über die Zeit zu Erwin Prölls Markenzeichen. Wenn er heute Abend rund 3000 Gäste im Stift Göttweig begrüßt, die mit ihm auf seinen Geburtstag anstoßen wollen – Pröll wird am 24. Dezember 70 –, dann wird seine Frisur perfekt sitzen. Wer aber seit Jahren die berühmteste Frisur des Landes schneidet, das wussten bisher nur wenige. Der KURIER begab sich daher auf Spurensuche und traf Erwin Prölls Friseurin.
„Aber bitte lassen Sie doch die Schuhe an.“Christine Steffl ist der Inbegriff einer herzlichen Gastgeberin. Trotzdem bleiben unsere Schuhe im Vorraum. Das gebieten die gepflegten Böden im gemütlichen Haus im Weinviertler Ziersdorf.
Wie lange sie Erwin Pröll schon die Haare schneidet, kann Christine Steffl gar nicht mehr genau sagen. „Es muss etwa zu der Zeit gewesen sein, als die Landesregierung von WiennachSt. Pölten übersiedelt ist. Da hat mich die Sissy (Prölls Ehefrau, Anm.) angerufen und gesagt: ‚Du, Christl, der Erwin bräucht’ an Haarschnitt.‘ “Anfangs sei er immer ins Geschäft gekommen. „Da sind die Kundschaften ganz ehrfürchtig aufgestanden und haben ihm die Hand gegeben“, erinnert sich die heute 64-Jährige. Ihr Frisiersalon am Hauptplatz 1 war über Jahrzehnte eine Ziersdorfer Institution. „SchonmeinVaterhat das Geschäft gehabt. Ich hab’ 1978 die Meisterprüfung gemacht. Und mein Sohn ist auch gelernter Frisör.“Ein Autounfall hat dazu geführt, dass er das Geschäft nicht allein weiterführen konnte. „2011 haben wir zugesperrt.“
Wiederum war es ein Anruf von Sissy Pröll, der Chris- tine Steffl dazu bewogen hat, für einen ganz bestimmten Kunden ihr Gewerbe wieder anzumelden: „Wir haben uns ja aus Jugendtagen gekannt. Heute sind wir sehr gute Bekannte“, sagt Steffl über die Prölls. Geschnitten wird heutzutage im Radlbrunner Zuhause des Landeshauptmanns. „Meistens fährt mich mein Mann Josef.“Eine Parallele: Auch Erwin Prölls Dienst-Chauffeur hört auf den Namen Sepp.
„Im Wohnzimmer wird dann der Teppich zurückgeschlagen und ich schneid’.“Was so einfach klingt, ist kompliziert: „Der Haaransatz ist von Natur aus auf einer Seite etwas höher“, verrät die Expertin. Mit elektrischer Ma- schine, zwei Scheren und einem Rasiermesser bringt die Frisörin die markante Hauptsache in Form. Und nach getaner Arbeit huscht Pröll ins Bad und begutachtet das Werk im Spiegel. Meist zu vollster Zufriedenheit, Nachschnitt-Wünsche gibt es kaum. „Letztens hat er von oben gerufen: Christl, sehr gut! Jedes Haar einzeln schön geschnitten!“, feixt Steffl.
„Nix Politisches“
Worüber aber redet der mächtigste Mann des Landes beim Haareschneiden? „Nix Politisches“, winkt die Frisörin gleich ab. „Meistens fragt er nach gemeinsamen Bekannten und alten Schulfreunden.“Ins Detail will Steffl nicht gehen. Die Tugend der Ver- schwiegenheit gehöre zu einem guten Frisör. Geschnitten wird etwa alle sechs Wochen. „Es gibt auch Zeiten, da seh ich ihn im Fernsehen und denke: Jetzt gehört wieder.“
Der Schnitt blieb über die Jahre annähernd gleich, lediglich Prölls Haare wurden weißer. „Färben war bei ihm nie ein Thema“, versichert Steffl. Als sie jüngst vorschlug, „schneiden wir doch einmal ratzeputz auf der Seite“, da hat Josef Steffl – mehr als 30 Jahre gestandener Polizist in Wien – ein Machtwort gesprochen: „Nein, das ist sein Markenzeichen. Das könnt’s nicht abschneiden.“So blieb die Landesfrisur.
Fragt man die Frisörin danach, wie lange Erwin Pröll noch im Amt bleibt, betont sie seine Verlässlichkeit: „Er hat gesagt, dass er nicht als Bundespräsident kandidieren wird – das hat er gehalten. Und er hat gesagt, dass er volle fünf Jahre bleibt. Das macht er“, ist Steffl überzeugt. Noch ein Wahlkampf 2018? „Das weiß ich nicht. Man merkt schon, dass es ihm noch richtig Spaß macht. Einmal kommt aber dann doch die Zeit für die Familie, denk’ ich. Ich kann ihn mir aber nicht als Pensionisten vorstellen, der dann in Radlbrunn Rosen züchtet.“