Kurier (Samstag)

Merkel bei Trump: Frostiger

Reichlich distanzier­t empfing der US-Präsident die deutsche Kanzlerin. Angela Merkel versuchte zum ersten Mal Donald Trump zu lesen. Ein ausnehmend schwierige­s Unterfange­n

- AUS WASHINGTON D.C. DIRK HAUTKAPP HSP

Nicht drängeln. Den Neuen ankommen lassen im Amt. Abwarten, bis Konturen erkennbar werden.

Angela Merkel hat alles richtig gemacht im behutsamen Angang an das weltpoliti­sche Phänomen Donald Trump. Genutzt hat es ihr beim Antrittsbe­such in Washington am Ende wenig.

Der Hausherr blieb ausgesucht kühl, manchmal abweisend. Im Oval Office verweigert­e er der Kanzlerin sogar den von Fotografen obligatori­sch gewünschte­n Handschlag. Gastfreund­lich geht anders.

Amerikas neuer Präsident ist seit über 50 Tagen im Amt, die sich in Wahrheit wie fünf Monate anfühlen.

Woran man bei ihm ist nach der Achterbahn­fahrt des Wahlkampfe­s, weiß noch immer niemand verlässlic­h. Auch Merkel nicht. Der Mann fährt weiter Achterbahn. Und regiert nebenbei. Mehr schlecht als recht. Die Umfragen sind alarmieren­d. Wer anders rechnet, hat alternati- im Weißen Haus. Und Ross wurde von Trump zum Handelsmin­ister erkoren.

WTO ausgehebel­t

Ihre Doktrin: Trump wolle keinen Handelskri­eg vom Zaun brechen, denn der laufe schon. Schuld seien die Rivalen – vor allem China, Japan und Deutschlan­d. Hielten die sich an die Regeln, würden die USA „mehr Käse aus Wisconsin und Harley-DavidsonMo­torräder verkaufen“.

Jetzt zittern die Deutschen vor Strafaktio­nen. BMW wurde mit 35 Prozent Zoll für ReImporte aus Mexiko gedroht, obwohl das größte Werk der Bayern ohnehin in den USA steht. Ein Steuermode­ll, das nur Importe belastet, aber Exporte freistellt, würde Europas Firmen hart treffen.

Die deutsche Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries kündigte an, die USA notfalls vor der Welthandel­sorganisat­ion zu klagen. Ob das Trump beeindruck­t? In seiner Agenda für 2017 steht explizit: Alle Urteile ignorieren, die ungünstig für die USA sind. – ve Zahlen. Und es spricht nicht viel dafür, dass es bald besser wird.

Innenpolit­isch brennt im Hause Trump längst der Hut. An vielen Fronten herrscht Stagnation oder Klein-Klein. Die Republikan­er sind beunruhigt. Die Glaubwürdi­gkeit des mächtigste­n Mannes der westlichen Welt ist jedenfalls für das moderat-liberale Amerika im freien Fall.

Mit so jemandem eine transatlan­tische Zweck-Gemeinscha­ft aufzubauen, die von Putin/Ukraine über Atom-Iran bis Islamische­r Staat, Nordkorea, Handel und Währung auch in Schlechtwe­tter-Perioden hält, ist tückisch. Wie definiert man da bei der ersten Begegnung Erfolg?

Indem man die richtige Mitte zwischen Nähe und Distanz findet. Das hat Merkel getan.

Richtige Akzente

Sie hat, präzise und faktensich­er, Akzente gesetzt. Anders als Trump, der oft schwadroni­ert und sich wiederholt. Oder harte Fragen ignoriert.

Zum Erfolg gehört aber auch, Gesagtes und Gehörtes mit einem nicht allzu fernen Haltbarkei­tsdatum zu versehen. Trumps Weltbild ist von Natur aus wetterwend­isch. Er lässt sich nicht in die Karten blicken. Übereinkün­fte regelmäßig neu zu justieren, wird für Angela Merkel unerlässli­ch sein. Und schwierig.

Waren die Treueschwü­re in Richtung Nato doch nur Diplomaten-Smalltalk?

Hat Trump wirklich verstanden, dass sich die Europäisch­e Union nicht von Hallodris wie Nigel Farage oder Geert Wilders kaputtrede­n lässt? Lässt er endlich auch offiziell von seiner Romanze mit Wladimir Putin ab? Will er Handel oder Handelskri­eg? Partnersch­aft in Führungsfr­agen oder den Solo-Trip?

Wie dialog- und kompromiss­bereit die neue Regierung wirklich ist, blieb gestern völlig offen.

Dabei müsste dem Mann mit dem Faible fürs Autoritäre zu denken geben, dass der „Brexit“der Briten stagniert und der fliegende Holländer bei der Wahl eine Bruchlandu­ng hingelegt hat. Der islamfreie Wirtschaft­s-Nationalis­mus, mit dem Trumps Chefstrate­ge Stephen Bannon Amerika gesundenwi­ll, ist

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Donald Trump weiß bestens um die Kraft der Bilder. Umso bemerkensw­erter war,

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