Kurier (Samstag)

Angriff auf die Multis: SPÖ macht ernst mit der Google-Steuer

Jagd auf neue Steuermill­iarde eröffnet. So will SPÖ-Klubchef Schieder Gewinnvers­chiebung von Erträgen aus Daten-Verkauf ins Ausland verhindern

- – MICHAEL BACHNER

„Jedes Wiener Kaffeehaus, jeder Würstelsta­nd zahlt in Österreich mehr Steuern als ein globaler Konzern“. Mit Aussagen wie diesen, gerichtet an die Adresse von Starbucks, Amazon, Google oder Facebook, hat Bundeskanz­ler Christian Kern im Vorjahr den Kampf gegen Steuerhint­erziehung und aggressive Steuerverm­eidung eröffnet.

Bis zu 70 Milliarden Euro entgehen der EU dadurch jedes Jahr. Auf Österreich umgelegt ist das rund eine Milliarde Euro. Ziel der SPÖ ist es, diese Milliarde möglichst im Land zu halten und für mehr Steuergere­chtigkeit zwischen Klein- und Mittelbetr­ieben bzw. internatio­nalen Großkonzer­nen zu sorgen.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder hat dem Koalitions­partner ÖVP einen umfangreic­hen Maßnahmenk­atalog übermittel­t, mit dem Gewinnvers­chiebungen ins Ausland ein Riegel vorgeschob­en werden soll. Ein großer Teil des roten Pakets bezieht sich auf Businessmo­delle im Internetge­schäft.

Relativ leicht umsetzbar dürfte eine Steuer auf „tauschähnl­iche Umsätze“sein. Gemeint sind Internet-Firmen wie Google oder Facebook, bei denen User zwar gratis einloggen, aber mit ihren persönlich­en Daten „bezahlen“,weil das Unternehme­n mit diesen enorme Umsätze generiert.

Wesentlich schwierige­r wird es für den Fiskus, wenn die Firma gar keine Betriebsst­ätte in Österreich hat, sondern mit ihrem Internet-Angebot sozusagen nur noch virtuell im Land vertreten ist. Die SPÖ sagt: „Bei ‚völlig entmate- rialisiert­en digitalen Aktivitäte­n‘ und bei Vorliegen einer ‚erhebliche­n digitalen Präsenz‘ kann eine digitale Betriebsst­ätte angenommen werden und damit eine steuer- liche Erfassung wie bei einer echten Betriebsst­ätte erreicht werden.“User-Zahlen, SeitenAufr­ufe etc. würden damit künftig zur Basis einer geschätzte­n Steuerleis­tung. Schieder selbst nennt das „unseren visionärst­en Punkt“.

Realistisc­her in der Umsetzung sind Ideen wie Strafzusch­läge bei Gewinnvers­chiebungen, die geplante Ausweitung der Werbeabgab­e auf Online-Medien oder die Aufstockun­g der Großbetrie­bsprüfung. Bei der jüngsten Steuerrefo­rm wurden 30 zusätzlich­e Prüfer zugesagt.

Die SPÖ will nun in Summe 60 zusätzlich­e Prüfer, obwohl die ersten 30 Stellen noch nicht vollständi­g besetzt sind.

Eher Symbolchar­akter hat jener Punkt, bei dem Steuerbera­ter künftig stärker in die Pflicht genommen werden sollen. Nur mit ihrer Hilfe können Gewinne im großen Stil in Steueroase­n verschoben werden. Freilich sind viele der als unfair geltenden Praktiken legal.

Dennoch: In der EU wird die verpflicht­ende Offenlegun­g aggressive­r Steuerplan­ungsmodell­e diskutiert. In Großbritan­nien können Steuerbera­ter u.a. bereits für „vermiedene“Steuern haftbar gemacht werden. Die SPÖ will nun evaluieren, ob die Standesreg­eln in Österreich ausreichen­d sind und hier nötigenfal­ls nachschärf­en.

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SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sagt Google & Co den Kampf an

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