Angriff auf die Multis: SPÖ macht ernst mit der Google-Steuer
Jagd auf neue Steuermilliarde eröffnet. So will SPÖ-Klubchef Schieder Gewinnverschiebung von Erträgen aus Daten-Verkauf ins Ausland verhindern
„Jedes Wiener Kaffeehaus, jeder Würstelstand zahlt in Österreich mehr Steuern als ein globaler Konzern“. Mit Aussagen wie diesen, gerichtet an die Adresse von Starbucks, Amazon, Google oder Facebook, hat Bundeskanzler Christian Kern im Vorjahr den Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung eröffnet.
Bis zu 70 Milliarden Euro entgehen der EU dadurch jedes Jahr. Auf Österreich umgelegt ist das rund eine Milliarde Euro. Ziel der SPÖ ist es, diese Milliarde möglichst im Land zu halten und für mehr Steuergerechtigkeit zwischen Klein- und Mittelbetrieben bzw. internationalen Großkonzernen zu sorgen.
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder hat dem Koalitionspartner ÖVP einen umfangreichen Maßnahmenkatalog übermittelt, mit dem Gewinnverschiebungen ins Ausland ein Riegel vorgeschoben werden soll. Ein großer Teil des roten Pakets bezieht sich auf Businessmodelle im Internetgeschäft.
Relativ leicht umsetzbar dürfte eine Steuer auf „tauschähnliche Umsätze“sein. Gemeint sind Internet-Firmen wie Google oder Facebook, bei denen User zwar gratis einloggen, aber mit ihren persönlichen Daten „bezahlen“,weil das Unternehmen mit diesen enorme Umsätze generiert.
Wesentlich schwieriger wird es für den Fiskus, wenn die Firma gar keine Betriebsstätte in Österreich hat, sondern mit ihrem Internet-Angebot sozusagen nur noch virtuell im Land vertreten ist. Die SPÖ sagt: „Bei ‚völlig entmate- rialisierten digitalen Aktivitäten‘ und bei Vorliegen einer ‚erheblichen digitalen Präsenz‘ kann eine digitale Betriebsstätte angenommen werden und damit eine steuer- liche Erfassung wie bei einer echten Betriebsstätte erreicht werden.“User-Zahlen, SeitenAufrufe etc. würden damit künftig zur Basis einer geschätzten Steuerleistung. Schieder selbst nennt das „unseren visionärsten Punkt“.
Realistischer in der Umsetzung sind Ideen wie Strafzuschläge bei Gewinnverschiebungen, die geplante Ausweitung der Werbeabgabe auf Online-Medien oder die Aufstockung der Großbetriebsprüfung. Bei der jüngsten Steuerreform wurden 30 zusätzliche Prüfer zugesagt.
Die SPÖ will nun in Summe 60 zusätzliche Prüfer, obwohl die ersten 30 Stellen noch nicht vollständig besetzt sind.
Eher Symbolcharakter hat jener Punkt, bei dem Steuerberater künftig stärker in die Pflicht genommen werden sollen. Nur mit ihrer Hilfe können Gewinne im großen Stil in Steueroasen verschoben werden. Freilich sind viele der als unfair geltenden Praktiken legal.
Dennoch: In der EU wird die verpflichtende Offenlegung aggressiver Steuerplanungsmodelle diskutiert. In Großbritannien können Steuerberater u.a. bereits für „vermiedene“Steuern haftbar gemacht werden. Die SPÖ will nun evaluieren, ob die Standesregeln in Österreich ausreichend sind und hier nötigenfalls nachschärfen.