„Brexit ist eine Schande“
Keith Warner inszeniert Henzes „Elegie für junge Liebende“
Ein Dichter, der in einem Alpenhotel nur für sein Künstlertum lebt, seine Entourage geistig ausbeutet und letztlich aus gekränkter Eitelkeit den Tod eines jungen Liebespaares mehr als billigend in Kauf nimmt – das ist der Stoff, aus dem Hans Werner Henze seine Oper „Elegie für junge Liebende“geformt hat. Das Theater an der Wien zeigt das 1961 uraufgeführte, selten gespielte Werk ab kommendem Dienstag (2. Mai) in der Regie Briten Keith Warner. Dieser freut sich auf „eine Oper für Feinschmecker“.
Doch warum wird Henzes, auf einem englischsprachigen Libretto von W. H. Auden und Chester Kallman basierendes Werk so selten gespielt? „Weil die Theater auch an den Kartenverkauf denken müssen“, so Warner im KURIER-Gespräch. „Umso schöner, dass es am Theater an der Wien möglich ist, solche Stoffe zu präsentieren. Denn diese ,Elegie’ ist musikalisch und vom Text her extrem geistreich. Auch wenn Henze nicht unbedingt das beste Bild eines Künstlers vermittelt“, so Warner lachend.
Künstlerdrama
Doch wie geht der Regisseur mit den naturalistischen Vorgaben wie Alpenlandschaft, Schneesturm und den anderen Naturgewalten um? „Ich hoffe, wir haben da eine interessante Lösung gefunden. Einerseits zeigen wir die Natur, aber in einer doch überhöhten Art und Weise. Unser Fokus liegt auf dem Künstlerdrama.“Warner weiter: „Außerdem haben wir uns für die von Henze selbst miterstellte, sehr gute deutsche Fassung entschieden. Ich gehöre nämlich zu den altmodischen Regisseuren, die den- ken, das Publikum sollte auch verstehen, was auf der Bühne geschieht. Und Übertitel lenken doch auch ab.“
An der Wien ist Warner seit vielen Jahren und vielen bemerkenswerten Inszenierungen Stammgast. In der kommenden Saison wird er hier auch Gottfried von Einems „Der Besuch der alten Dame“in Szene setzen. Lachend: „Ich habe offenbar ein Faible für komplexe Stoffe und Partituren.“
Ein anderes Faible bereitet Warner hingegen Kopfzerbrechen. „Ich bin ein leidenschaftlicher Europäer. Und der Brexit ist eine Schande für unser Land. Am liebsten würde ich in Brüssel anrufen und fragen, ob ich nicht einfach einen europäischen Pass haben darf. Die BrexitBefürworter werden sich noch wundern, welch katastrophale Folgen diese Entscheidung für England hat.“