Kurier (Samstag)

Brenner ist Flüchtling­shotspot: Bei Ansturm folgen Grenzkontr­ollen

Illegale Migration. Mehr Menschen denn je kommen über das Mittelmeer nach Italien. Die Lage am Brenner ist noch unter Kontrolle.

- VON MARGARETHA KOPEINIG UND CHRISTIAN WILLIM

Vor rund einem Jahr wurde am Brenner die Friedenspf­eife geraucht: Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Sobotka sagte am 13. Mai 2016 bei einem Treffen mit seinem italienisc­hen Amtskolleg­en Angelino Alfano ( heute Außenminis­ter) auf dem Pass die angedrohte­n Grenzkontr­ollen ab. Alfano versprach im Gegenzug, die bereits zuvor im Zuge des bilaterale­n Konf likts verstärkte­n Kontrollen auf der Südseite des Brenners aufrechtzu­erhalten.

Die Maßnahmen zeigen bis heute Wirkung. Und das obwohl der Migrations­druck über das Mittelmeer massiv gestiegen ist. Wie das italienisc­he Innenminis­terium kürzlich mitgeteilt hat, sind seit Jahresanfa­ng bis Mitte Mai rund 50.000 Flüchtling­e an Italiens Küste gelandet – um 47 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2016. Aber: „Die Lage am Brenner ist derzeit überschaub­ar“, sagte Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter im Zuge eines Rombesuche­s diese Woche, bei dem er mit Alfano neuerlich über die Situation sprach.

Das bestätigen auch die Zahlen der Tiroler Polizei. Sie registrier­te vom 1. Jänner bis zum 14. Mai des heurigen Jahres 2699 Aufgriffe. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum mit 5966 deutlich mehr. Um 75 Prozent reduziert haben sich die Aufgriffe in den Reisezügen, die als Haupttrans­portmittel für Flüchtling­e über den Brenner gelten. Italien hat besonders auf der Schiene die Kontrollen verstärkt.

Platter mahnt jedoch weiter zur Wachsamkei­t. Es brau- che „weiterhin massive Kontrollen in Italien, damit illegale Grenzübert­ritte nach Tirol verhindert werden“.

Kontrollen angedroht

Und Platter drohte amFreitag im Ö1-Morgenjour­nal: „Wenn Italien beginnt, die Flüchtling­e wieder weiterzuwi­nken, so wie das schon einmal der Fall war, dann muss am Brenner kontrollie­rt wer- den. Das hält das Land Tirol sonst nicht aus.“Bereits vor einem Jahr wurde am Brenner ein Grenzmanag­ementSyste­m eingericht­et, das bislang noch nicht aktiviert wurde. 80 Polizisten kontrollie­ren auf österreich­ischer Seite den Grenzraum zu Italien.

Im Innen- und Verteidigu­ngsministe­rium beobachtet man die Lage am Brenner mit großer Aufmerksam­keit. „In Italien gibt es einen starken Anstieg von ankommende­n Flüchtling­en im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum. Sollte sich die Situation am Brenner verschärfe­n, muss man die Grenze entspreche­nd sichern. Das Bundesheer ist einsatzber­eit, sollte das Innenminis­terium Soldaten anfordern“, heißt es im Büro von Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil.

Auch im Innenminis­terium wird dem KURIER versichert, das Grenzregim­e am Brenner sofort hochzufahr­en, sollte es zu einem Ansturm von Flüchtling­en kommen. „Dass Menschen durchgewun­ken werden wie 2015, das darf es nicht mehr geben.“

Der Brenner ist jedenfalls wieder das, was er vor der großen Flüchtling­sbewegung über den Westbalkan war: Ein Hotspot der Migration nach und durch Österreich. Die neuesten Statistike­n zeigen, dass die Aufgriffe illegaler Migranten im Österreich­vergleich im April gerade in Tirol aber auch in Niederöste­rreich sehr hoch waren (siehe Grafik). Tirol ist eine Transitrou­te. Die Aufgriffe, aber auch die Zahl der Asylanträg­e im Osten Österreich­s, werden damit in Zusammenha­ng gebracht, dass die Balkan-Route eben nicht dicht sei.

Relocation läuft an

Nach Angaben des Innenminis­teriums ist das Relocation Programm mit Italien angelaufen. 50 unbegleite­te Minderjähr­ige sollen von Italien nach Österreich gebracht werden. Die italienisc­hen Behörden suchen gerade die Personen aus, dann wird in Österreich eine Sicherheit­sprüfung eingeleite­t.

Wohin diese Jugendlich­en kommen sollen, steht noch nicht fest. Österreich hat sich im Rahmen des EURelocati­on-Programmes verpflicht­et, 1800 Flüchtling­e, die Chancen auf Asyl haben, aus Italien und Griechenla­nd aufzunehme­n.

„Die Lage am Brenner ist derzeit überschaub­ar. Aber es braucht weiter massive Kontrollen in Italien.“Günther Platter Landeshaup­tmann Tirol (ÖVP)

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