Kurier (Samstag)

IS macht Jagd auf koptische Christen

Wieder ein verheerend­er Anschlag, diesmal auf einen Pilger-Bus: Dutzende Tote und Verletzte

- VON ANDREAS SCHWARZ

Der Reisebus war gut besetzt: 55 koptische Christen befanden sich auf der Fahrt zum Anba-Samuel-Kloster, dessen Anfänge bis in die Zeit der Christenve­rfolgung unter Kaiser Diokletian am Ende des 3. Jahrhunder­ts zurückreic­hen. In der Nähe der Stadt Al Minja, rund 250 Kilometer südlich von Kairo, wurde die fröhliche Pilgerfahr­t Ziel der heutigen Christenve­rfolgung in Ägypten: Männer mit Maschineng­ewehren überfielen den Bus und feuerten auf die Insassen – mindestens 28Menschen wurdengetö­tet, mehr als 20 zum Teil schwer verletzt. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) reklamiert­e den Massenmord umgehend für sich.

Erst am vergangene­n Palmsonnta­g waren bei Bombenansc­hlägen auf koptischch­ristliche Kirchen in Tanta und in Alexandria mindestens 44Menschen­getötet und mehrere Dutzend verletzt worden. Und im Dezember 2016 hatte es einen schweren Bombenansc­hlag auf die Peter und Paul Kirche nahe der Markus-Kathedrale in Kairo gegeben. Blutige Bilanz: 30 Tote.

Spannungen

Die koptischen Christen machen rund zehn Prozent der Bevölkerun­g in Ägypten (92 Millionen Einwohner) aus. Zu ihren bekanntest­en Vertretern zählte der frühere UNGenerals­ekretär und Ägypter Boutros Boutros-Ghali. Die koptischen Christen im Land am Nil sind die größte christlich­e Gemeinscha­ft im Nahen Osten (15 Millionen gibt es weltweit). Offiziell können sie ihre Religion in Ägypten frei ausüben. Spannungen mit der muslimisch­en Bevölkerun­gsmehr- heit gibt es aber vor allem in ländlichen Gebieten. Und die Kopten waren immer schon Opfer radikaler Islamisten, jetzt des Mörderband­en des IS.

Der IS bekannte sich zu allen Anschlägen und drohte Anfang Maimitneue­nAngriffen auf Christen: Muslime sollten Ansammlung­en von Christen und Ausländern aus dem Westen meiden, warnte ein Anführer der Gruppe in der IS-Publikatio­n Al-Nabaa.

Nach dem gestrigen Terroransc­hlag hat das ägyptische Militär ein Ausbildung­slager für militante Islamisten in der ostlibysch­en Stadt Derna aus der Luft angegriffe­n.

Kardinal Christoph Schönborn, der im Oktober Al Minja besucht hatte, zeigte sich „tief betroffen und entsetzt“über den jüngsten Anschlag. Bundeskanz­ler Christian Kern, der erst am Mittwoch in Kairo gewesen war, schrieb auf Facebook: „Meine aufrichtig­e Anteilnahm­e gilt den Opfern und ihren Familien. “

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In diesem Bus saßen 55 koptische Christen, als Unbekannte mit Maschineng­ewehren angriffen
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Ende April war der Papst in Kairo – und die Sicherheit­svorkehrun­gen waren noch einmal erhöht

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