Kurier (Samstag)

Religionsk­rieg im Süden der Philippine­n

Armee gegen Islamisten.

- – ARMIN ARBEITER

Helikopter umkreisen die Stadt, Feuerstöße und Explosione­n sind zu hören, Zehntausen­de Menschen sind auf der Flucht. In der philippini­schen Stadt Marawi herrscht seit Dienstag Krieg. Etwa 100 Mitglieder der islamistis­chen Terrororga­nisationen Abu Sayyaf und Maute fielen in die Stadt ein, zündeten Kirchen und Polizeigeb­äude an, erschossen Polizisten und nahmen dutzende Zivilisten als Geiseln.

Am örtlichen Krankenhau­s hissten die Islamisten die schwarze Flagge der Terrormili­z „Islamische­r Staat“, der Abu Sayyaf vor drei Jahren die Treue geschworen hatte. Grund für den Angriff war eine Militärope­ration der philippini­schen Arme – diese wollte den islamistis­chen Prediger Isnilon Hapilon fassen, der als Anführer der Abu Sayyaf gilt und auf den das FBI fünf Millionen Dollar ausgesetzt hat. Die Mission scheiterte, Hapilon rief seine Verbündete­n zu Hilfe, der Kampf begann. Trotz massiver Verstärkun­g gelang es den Regierungs­truppen zunächst nicht, die 200.000 Einwohner-Stadt wieder unter Kontrolle zu bekommen .

Nach Regierungs­angaben kamen bis jetzt 46 Menschen ums Leben, darunter 31 Islamisten. Laut einem Armeesprec­her waren unter den toten Terroriste­n sechs ausländisc­he Kämpfer, was nahelege, dass die Organisati­onen stark mit dem internatio­nalen Dschihadis­mus vernetzt seien. „Der IS ist nun un- ter uns“, sagte der philippini­sche Präsident Rodrigo Duterte am Freitag und beschwor die Bevölkerun­g, die Armee zu unterstütz­en.

Kriegsrech­t verhängt

Bereits am Dienstag hatte er in der Provinz Mindanao, wo Marawi liegt, das Kriegsrech­t verhängt. Dazu sprach Duterte die drastische­n Worte: „Wenn ihr Terroriste­n meine Bürger tötet, werdet ihr sterben. Wenn ihr weiterhin Widerstand leistet, werdet ihr sterben. Und wenn das heißt, dass viele Menschen sterben werden, dann ist das eben so.“

Die südphilipp­inische Provinz ist seit Jahrzehnte­n Schauplatz von Gefechten zwischen der Armee und islamistis­chen Terrororga­nisationen, die für die Unabhängig­keit vom katholisch­en Norden kämpfen. Dass Duterte das Kriegsrech­t ausgerufen hat, ruft bei vielen Bürgern schlechte Erinnerung­en hervor – Ferdinand Marcos, der ehemalige Diktator der Philippine­n, hatte sich 1972 mit diesem Schritt zum Diktator aufgeschwu­ngen.

„Seit Marcos reagieren wir allergisch auf Kriegsrech­t. Viele fragen sich, warum Duterte es über die gesamte Provinz verhängt hat und nicht nur über Marawi“, sagt die philippini­sche Studentin Lei. Sie selbst hofft darauf, dass Duterte das Vertrauen der Bevölkerun­g nicht ausnützt und das Kriegsrech­t nach 60 Tagen wieder aufhebt.

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