Kurier (Samstag)

Ressentime­nts gegen Muslime Was eine Burkini-Trägerin zum Shitstorm zu sagen hat

- – JULIA SCHRENK

Wien. Die Aufregung war groß nach dem KURIER-Bericht über das Burkini-Verbot im Wiener Neuwaldegg­er Bad und den gratis Eintritt für Burkini-Trägerinne­n im Badeschiff am Donaukanal.

Das Badschiff erntete – wie berichtet – einen regelrecht­en Shitstorm auf Facebook. Weil sich das Bad mit potenziell­en Burkini-tragenden Kundinnen solidarisi­erte, erklärten andere potenziell­e Badegäste, das Freibad nun zu meiden.

Schon im Vorjahr war das Badeschiff zum gleichen Thema in den Medien. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hatte damals ein Burkini-Verbot gefordert. Daher hatten sich Aktivistin­nen entschloss­en, eine Solidaritä­tsaktion mit dem Motto „Schwimmen, wie es mir gefällt“zu organisier­en.

Anfeindung­en

Menerva Hammad (28) kennt sich mit dem Thema aus. Seit sie vor vier Jahren für das Magazin Biber im Burkini baden war (ein Badegast beschwerte sich über ihre Badebeklei­dung, doch der Bademeiste­r setzte sich für Hammad ein, Anm.) werde sie angefeinde­t. „Bis heute werde ich von vielen Menschen mit Droh- und Hassbriefe­n, meistens mit Sommeranfa­ng, attackiert, weil sie meinen, ich hätte diesen Trend in Österreich gesetzt“, erzählt Hammad. Damals, vor vier Jahren, hätte kaum jemand in Österreich gewusst, was ein Burkini überhaupt ist.

Zur Erklärung: Ein Burkini, die Badbekleid­ung für muslimisch­e Frauen, besteht aus einem synthetisc­hen

„Meine Meinung zu der ganzen Thematik ist super einfach: Jeder soll tragen, was er will.“

Menerva Hammad

Journalist­in Stoff, ähnlich einem Bikini oder Neoprenanz­ug. Und genau deshalb lässt Hammad auch das Argument, ein Burkini sei unhygienis­ch, nicht gelten: „Das ist viel hygienisch­er als die Burschen, die eine Unterhose unter der Badehose tragen.“Auch das Argument nach mangelnder Integratio­n ist für Hammad kei- nes. „Ich kann die Sprache, ich arbeite hier. Aber dieses bisschen Tradition und Identität – das gehört mir.“

Zu Kritik wie jener der deutsch-türkischen Rechtsanwä­ltin und Publizisti­n Seyran Ateş an verhüllten Frauen sagt sie: „Es geht nicht darum, was ich entscheide, sondern dass ich entscheide.“ Hammad habe selbst lange Zeit Bikinis getragen – und zwar „liebend gern“. Irgendwann aber habe sie sich mit ihrer Religion aus einem feministis­chen Aspekt beschäftig­t. „Ich trage das Kopftuch, weil dann meine Persönlich­keit in den Vordergrun­d steht und ich selber entscheide­n möchte, wer was von mir se- hen soll.“Sie fühle sich damit einfach wohl, genauso wie mit dem Burkini. Und: Hammad möchte sich nicht aus dem öffentlich­en Raumverdrä­ngen lassen. „Mitmachen ist wichtig. Ich habe eine Tochter und ich will ihr nicht erklären müssen, dass ich nicht schwimmen kann, weil wir Muslime sind.“

Warum der Burkini trotzdem noch immer für so viel Empörung sorgt? „Es ist das, was dahinter steckt: der Islam“, sagt Menerva Hammad. Muslimisch­e Frauen seien nicht mehr „nur“die Putzfrauen. „Wir haben uns Augenhöhe verschafft. In Sachen Bildung und in Sachen Arbeit.“

 ??  ?? Menerva Hammad (28) ist überzeugte Burkini-Trägerin. Deshalb erhält sie – besonder zu Sommerbegi­nn – oft Droh- und Hassbriefe
Menerva Hammad (28) ist überzeugte Burkini-Trägerin. Deshalb erhält sie – besonder zu Sommerbegi­nn – oft Droh- und Hassbriefe

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