Kurier (Samstag)

Das größte Auge in den Himmel

Das weltgrößte und stärkste Teleskop soll bewohnbare Planeten aufspüren. Österreich ist beteiligt

- VON ERNST MAURITZ (TEXT) UND PILAR ORTEGA (GRAFIK)

Es ist nicht einfach nur ein „telescopio grande“, ein großes Teleskop. Es ist „un telescopio extremadam­ente grande“– also ein extrem großes Auge ins All, dessen Grundstein gestern, Freitag, gelegt wurde. Auf dem 3048 Meter hohen Gipfel des Cerro Armazones in Chiles Atacamawüs­te wird bis 2024 das größte optische Teleskop der Welt, das „Extremely Large Telescope“(ELT) der Europäisch­en Südsternwa­rte (ESO), errichtet. Und es ist nicht nur das größte. Es ist auch „el más potente“– das leistungss­tärkste der Welt. Oder, wie die ESO-Astronomen stolz sagen: „Es ist das größte Auge, das die Menschheit auf den Himmel richtet.“

Die wichtigste­n Fakten: – Das ELT wird mit fünf riesigen Spiegeln ausgestatt­et sein. Der größte, mit 39 Metern Durchmesse­r, wird aus 800 Teilstücke­n mit 1,4 Metern Durchmesse­r bestehen. – Der Hauptspieg­el wird vier bis fünf Mal größer sein als jene bei den heute stärksten Teleskopen. – Er wird 13-mal mehr Licht einfangen können, was viel schärfere Bilder ermöglicht. – Eines der Hauptziele ist die Erkundung von Exoplanete­n (extrasolar­e Planeten) außerhalb unseres Sonnensyst­ems, auf denen es Leben geben könnte. – Ab 2024 soll das Teleskop sein erstes Sternenlic­ht einfangen. – Aber auch die Natur der Dunklen Materie soll etwas erhellt werden. – Die Baukosten betragen rund 1,1 Milliarden Euro. – Dank der sogenannte­n Humboldt-Strömung ist die Region fast ständig wolkenfrei. Die Wolken bleiben entweder über dem Pazifische­n Ozean oder auf der argentinis­chen Seite der Anden. – Störende Lichtquell­en etwa von einer naheliegen­den Stadt gibt es keine.

Das Europäisch­e Teleskop ist nicht das einzige Pro- jekt, um den Himmel besser zu erkunden. In den USA gibt es zwei Initiative­n: Die „Carnegie Institutio­n for Science“will bis 2021 ebenfalls in Chile das „Giant Magellan Telescope“(GMT) errichten. Und auf Hawaii soll bis 2022 ein „Thirty Meter Telescope“(TMT) – eine Initiative des California Institute of Technology (Caltech) mit kanadische­n Universitä­ten – entstehen – dieser Zeitplan könnte sich aber verzögern.

Führende Organisati­on

Österreich ist einer der 16 Gründungss­taaten (15 europäisch­e Länder und Brasilien) der Europäisch­en Südsternwa­rte. Hauptsitz dieser führenden europäisch­en Or- ganisation für astronomis­che Forschung ist Garching bei München. Schon heute hat sie drei Beobachtun­gsstandort­e in der Atacamawüs­te: Darunter mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsf­ähigste Observator­ium für Beobachtun­gen im Bereich des sichtbaren Lichts.

Derzeit findet ein weltweites Astronomen-Rennen statt, um den ersten tatsächlic­h bewohnbare­n Exoplanete­n zu finden – Schlagzeil­en dazu gab es in der vergangene­n Zeit mehrere. Dieses Ziel könnte im nächsten Jahrzehnt erreicht werden, sind die Astronomen zuversicht­lich. Die ESO hat mit ihrem neuen Projekt gute Karten.

 ??  ?? Das 80 Meter hohe Gebäude wird die Ausmaße eines Fußballsta­dions bekommen. Ein gewaltiges, sich nach zwei Seiten öffnendes Schiebedac­h soll das Observator­ium tagsüber bedecken.
Das 80 Meter hohe Gebäude wird die Ausmaße eines Fußballsta­dions bekommen. Ein gewaltiges, sich nach zwei Seiten öffnendes Schiebedac­h soll das Observator­ium tagsüber bedecken.

Newspapers in German

Newspapers from Austria