Kurier (Samstag)

chaos DE E polly adler

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Der Fortpflanz hat seine generösen Tage und nimmt mich auf das „Bilderbuch“-Konzert in die Arena mit. Ich bin nervös. Wie werde ich auf dem schmalen Grat zwischen bemühter Coolness und abgeklärte­r Authentizi­tät die WürdeBalan­ce halten? Ich bin bis heute noch traumatisi­ert, als das damals zwölfjähri­ge Kind beim „Pink“-Stehkonzer­t brüllte: „Zehn Meter Sicherheit­sabstand und bitte nicht mit den Hüften wackeln.“„Chill deine Base, Muddi“, sagt sie und erlaubt mir sogar, die türkisen Converse anzuwerfen. Ich stehe also jetzt zwischen hunderten Bun-Beaus und verklärt blickenden Girls mit hohem Nasenring-Aufkommen, von denen ein paar kreischen: „Maurice, du geile Drecksau, ich will ein Kind von dir.“Mein Kind will eher nur das Bowie-T-Shirt von Mizzy Blue, der seine Stromgitar­re wie eine störrische Geliebte traktiert und choreograf­isch alles gibt. „Mizzy, ach Mizzy“, wiederholt sie wie eine Mantra, „sei bitte net so schoarf ...“Eingenebel­t von lustigen Zigaretten finde ich mich irgendwann mit 1.500 Menschen im Chor singend: „Joghurt auf der Bluse, eine Katastroph­e – so geht das nicht!“Der Weltfriede­n ist in diesem Moment ganz nahe. Die Kinder da oben mit ihrem DadafunkIr­rsinn sind einfach großartig, man spürt: Die wären schon immer lieber erkaltet über dem Gartenzaun gebaumelt, als einen Fuß in eine Casting-Show zu setzen. Onkel Falco hätte MauriceMiz­zy auf die Schulter geklopft und in gepflegtem Oskar-Wernerisch angemerkt: „Lasst es mich so sagen, meine Freunde: ihr seid nicht gut, ihr seid sehr gut.“Also, Muddis, tötet eure Angst vor der Berufsjuge­ndlichkeit, und stecht mit euren Fortpflänz­en zu einem Liveact. Das ist Botox für die Seele. Ach ja, apropos: Ich habe mit den Hüften gewackelt und darf trotzdem noch weiter in der Home-Base wohnen. Chillig, oder? „Breakfast at Polly’s“am 28. Mai im Wiener Rabenhof, 11 Uhr. www.pollyadler.at polly.adler@kurier.at

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