Kurier (Samstag)

Athen ist wieder einmal gerettet – Einigung mit vielen Fragezeich­en

Spanien droht mit Veto gegen die Hilfe, Deutsche streiten über Beschluss im Bundestag.

- VON H. SILEITSCH-PARZER

Lang hat die Erleichter­ung nicht gehalten. Noch amDonnerst­agabend wurde die nach endlosem Ringen erzielte Einigung zwischen den Geldgebern und der griechisch­en Regierung gefeiert. Die hoch verschulde­ten Südeuropäe­r erhalten weitere 8,5 Milliarden aus dem 86 Milliarden Euro umfassende­n Hilfsprogr­amm, um eine Staatsplei­te zu vermeiden.

Das Geld wandert dieses Mal nicht zur Gänze als Kreditrück­zahlung retour in die Taschen der Geldgeber. 1,5 Milliarden Euro soll die Regierung in Athen dazu verwenden, offene Schulden des Staates bei griechisch­en Firmen zu begleichen. Dass diese auf Bergen unbezahlte­r Rechnungen sitzen, belastet die Konjunktur zusätzlich. Der wirtschaft­liche Output liegt zehn Jahre nach Ausbruch der Krise noch immer um ein Viertel unter dem einstigen Niveau (Grafik).

Die verlangten Reformen haben die Griechen weitgehend erledigt. Im Mai wurde ein umstritten­es Sparpaket mit neuerliche­n Pensionskü­rzungen und Steuererhö­hungen in Höhe von 4,9 Milliarden Euro verabschie­det.

Immunität verlangt

Doch jetzt spießt es sich woanders. Am Freitag drohte Spanien überrasche­nd mit ei- nem Veto gegen die Auszahlung. Zuvor müsse die griechisch­e Justiz ein Verfahren gegen drei ausländisc­he Privatisie­rungsexper­ten einstellen, forderte Finanzmini­ster Luis de Guindos. Er und sein italienisc­her Kollege Pier Carlo Padoan hätten das in der Eurogruppe „sehr klar“gesagt. Konkret geht es um drei Berater des griechisch­en Privatisie­rungsfonds aus Spani- en, Italien und der Slowakei. Ihnen werden Unregelmäß­igkeiten rund um Verkäufe von 28 Staatsimmo­bilien vorgeworfe­n. Seit 2012 wurde ermittelt, die Justiz hat inzwischen Anklage erhoben. Pikant wäre die Blockade, weil Spaniens Banken etliche Milliarden aus dem Euro-Rettungsto­pf erhalten hatten.

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IWF-Kunstgriff

Auch in Deutschlan­d regt sich Widerstand. SPD-Haushaltsp­olitiker Johannes Kahrs fordert eine neue Abstimmung im Plenum des Bundestage­s. Der IWF sei nämlich, anders als verlangt, nicht mehr wirklich am Hilfsprogr­amm beteiligt. Tatsächlic­h hatte IWFChefin Christine Lagarde zu einem Trick gegriffen. Der Fonds legt zwar zwei Milliarden Euro als neuen Kredit für die Griechen zurück. Eine Auszahlung erfolgt aber erst, wenn Europas Geldgeber einem Schuldensc­hnitt zustimmen. Anders seien die Staatsschu­lden von 180 Prozent des BIP nicht tragfähig.

Dazu müssten die EuroFinanz­minister aber riesige Beträge in den Wind schreiben. Deutschlan­d allein würde das 16 Mrd. Euro kosten, sagte EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici. Darauf gebe es „keinen Appetit“.

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