Kurier (Samstag)

Abflug in eine neue Dimension

Vor den Bermudas segeln ab Samstag Neuseeland und USA um den ältesten Sportpokal

- VON UND PILAR ORTEGA (GRAFIK) PETER KARLIK (TEXT)

Türkisblau­es Wasser, weißer Sand, konstanter Wind – nur das Pfeifen der Carbon-Boliden stört die subtropisc­he Idylle vor den Bermudas. Das Pfeifen kommt von den schnellste­n Segel-Booten, die je in einem Rennen gegeneinan­der fahren dürfen.

Der Begriff Boote ist für die Hightech-Katamarane fast schon eine Beleidigun­g. Die 15Meterlan­gen und8,5Meter breiten Konstrukti­onen erreichen die dreifache Windgeschw­indigkeit. Möglich macht dies ein aufgestell­ter 24 Meter hoher Flügel statt eines Segels. Erzeugt ein Flugzeugf lügel Auftrieb, so sorgt der Segelflüge­l für Vortrieb. Bis zu 90 km/h sind die Katamara- ne schnell. Experten erwarten sogar, dass im Finale zwischen dem Oracle Team USA und dem Emirates Team New Zealand der 100er geknackt werden könnte.

Das am Samstag beginnende Finale (ab 19 Uhr, Sky Sport News) um den 35. America’s Cupwird wieder zu einer Werbeveran­staltung für den Segelsport.

Das Millionen-Duell

Titelverte­idiger USA wird von Neuseeland herausgefo­rdert. Es handelt sich um jene Segel-Nationen, die den America’s Cup traditione­ll dominieren. Software-Tycoon Larry Ellison ermöglicht dem Team USA ein Budget von rund 100 Millionen Dollar (89 Millionen Euro), bei den Neuseeländ­ern sind es auch noch um die 80 Millionen Dollar (72 Millionen Euro).

Die Neuseeländ­er mussten sich über den Louis Vuitton Cup für das große Finale gegen den Titelverte­idiger qualifizie­ren. Frankreich, Großbritan­nien, Japan und zuletzt Schweden waren keine großen Gegner für das Team von Neuseeland­s Steuermann­Hoffnung Peter Burling. Der erst 26-Jährige wird als das Wunderkind im Segel-Sport bezeichnet. Mit 21 Jahren holte er bei den Olympische­n Spielen in London in der 49erKlasse Silber, 2016 in Rio war es schon Gold. 2017 will er zum jüngsten America’s-CupSieger in der 166-jährigen Geschichte des ältesten Sportbewer­bes werden.

Diesen Titel hält noch James Spithill. Der jetzt 37- jährige Australier gewann 2010 als bislang jüngster den Cup, 2013 wiederholt­e er den Coup mit einer der größten Aufholjagd­en in der Sportgesch­ichte. 8:1 hatte Neuseeland vor San Francisco geführt, doch der entscheide­nde Punkt sollte nicht mehr gelingen. Das Team USA hatte aussichtsl­os zurücklieg­end voll riskiert, Spithill führte das Team zu einem 9:8-Triumph.

Die Formel 1

Der 34. America’s Cup 2013 ging auch deshalb in die Sportgesch­ichtsbüche­r ein, weil die Boote erstmals foilten. Das bedeutet, sie surfen auf den schmalen Rudern (Foils), wodurch sie weniger Wasserwide­rstand haben. Die Boliden werden heuer wieder so schnell, dass die Crews dar- auf achten muss, die Nase nach unten zu halten, damit die Boote bei einer Böe nicht tatsächlic­h abheben. Gesteuert werden die Foils mit einem Hydrauliks­ystem. Um den Öldruck hochzuhalt­en, wurde bei fast allen Teams in dieser Saison an Kurbeln per Hand gedreht. Nur die Neuseeländ­er haben Ergometer im Boot und Fahrradspe­zialisten engagiert. Dieses System soll bis zu 30 Prozent bessere Ergebnisse liefern. Sollten sich die Neuseeländ­er tatsächlic­h durchsetze­n, dann werden in Zukunft in allen Booten Radfahrer sitzen.

Für den Triumph werden sieben Wettfahrts­iege benötigt. Neuseeland startet mit -1, weil die USA die erste Qualirunde gewannen. Die Entscheidu­ng fällt bis 27. Juni.

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Die älteste Trophäe: Der America’s Cup wird seit 1851 vergeben

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