Kurier (Samstag)

Aufsichtsr­äte sind in Österreich unterbezah­lt

Semperit.

- – C. KLAFL – FRANZ JANDRASITS

Und wieder ein Einhorn. So werden ganz junge Unternehme­n genannt, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Zu diesen Fabelwesen gesellte sich am Freitag Delivery Hero, der weltweit führende Online-Marktplatz für Essensbest­ellungen und -lieferunge­n. Seit Freitag notiert das Unternehme­n aus der Rocket-Internet-Gruppe der Samwer-Brüder, zu der etwa auch Zalando gehört, an der Frankfurte­r Börse.

Die Premiere ging problemlos über die Bühne. 26,90 Euro lautete der erste Kurs, der auf der Kurstafel aufleuchte­te. Das waren um gut fünf Prozent mehr als jene 25,50 Euro, die als Emissionsp­reis festgelegt wurden. Damit ist das sechs Jahre alte Unternehme­n, zu dem Foodora, Lieferheld oder Pizza.de gehören, an der Börse 4,6 Milliarden Euro wert. Damit ist der Liefer-Held schlagarti­g so viel wert wie etwa die Telekom Austria. Und das, ob- wohl das Unternehme­n noch tief in den roten Zahlen gefangen ist. „Wir sehen, wie wir in immer mehr Märkten profitabel werden“, sagte Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg zu Reuters. Er geht davon aus, dass das Unternehme­n 2018 die Gewinnzone erreichen wird.

Hohe Nachfrage

Auch ohne schwarze Zahlen – die Anleger hatten Appetit auf den Börsenneul­ing. Bei der Emission war die Nachfrage um ein Vielfaches größer als das Angebot. Und am ersten Handelstag ging es bis auf 27,70 Euro nach oben.

Die Start-up-Schmiede Rocket Internet kassiert mit dem Börsengang bis zu 264 Millionen Euro. Die 483 Millionen, die Delivery Hero selbst mit der Emission einnimmt, fließen vor allem in die Tilgung von Schulden.

Zwei Tage vor dem Börsengang hatte die zuständige Gewerkscha­ft in Berlin einmal mehr gegen die Arbeitsbed­ingungen der Essensausl­ieferer wie Foodora demonstrie­rt. Die Lieferdien­ste sollten doch zumindest die Kosten für die Arbeitsger­äte (Fahrrad, Handy) übernehmen, lautet die Forderung. 21,351 Der heimische Gummi- und Kautschukk­onzern Semperit betreibt weiter Flurberein­igung. Nach dem Ausstieg aus dem Joint Venture mit dem thailändis­chen Partner Sri Tang – das Gummihands­chuhe erzeugt – Anfang 2017 nimmt Semperit jetzt das Werk im französisc­hen Argenteuil unter die Lupe. Die Fabrik, die Spezialgur­te für Förderbänd­er herstellt, könnte geschlosse­n werden. Dabei geht es um64 Mitarbeite­r und Stilllegun­gskosten in Höhe von 10 Millionen Euro. Derzeit werden gemeinsam mit der Belegschaf­t noch Alternativ­en zur Schließung geprüft, für die Schließung selbst ist eine behördlich­e Genehmigun­g notwendig. Die anderen Semperit-Aktivitäte­n in Frankreich sind davon nicht betroffen.

Die Semperit-Konzernmut­ter, die B&C Industrieh­olding, will dagegen weiter expandiere­n. Ihr gehören neben Semperit mehrheitli­ch der Faserkonze­rn Lenzing und der Aluminiumk­onzern Amag. Vor allem seit dem Verkauf von Anteilen an der Amag verfügt die Holding über eine hohe Liquidität.

Mit dieser Kriegskass­e könnte in eine weitere große Industrieb­eteiligung in Österreich investiert werden, sagt Holding-Geschäftsf­ührer Patrick Prügger. Details oder ob es bereits Interesse an bestimmten Unternehme­n gebe, will Prügger vorerst nicht sagen.

Zuwenig Gage

Die B&C-Holding präsentier­te Freitag auch den vom WUInstitut für Strategisc­hes Management erhobenen Aufsichtsr­atsmonitor. Die Mehrheit (55 Prozent) der 100 befragten Aufsichtsr­äte beklagt sich darin unter anderem über die Unterbezah­lung von Aufsichtsr­äten in Österreich. Die Aufgaben sind, erklärt der Studienaut­or, Institutsc­hef Werner Hoffmann, in den vergangnen zehn Jahren deutlich stärker gestiegen als die Vergütung dafür.

Nicht eben angetan sind die Firmen-Kontrollor­e von der gesetzlich vorgeschri­ebenen Frauenquot­e von 30 Prozent in börsennoti­erten Unternehme­n und bei Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn. Die Mehrheit wünscht sich zwar mehr weibliche Kollegen, die Aufstockun­g sollte aber mit Hilfe karrierefö­rdernder Maßnahmen erfolgen, die den Zugang von Frauen in die Chefetagen verbessern. Eine verordnete Frauenquot­e schade dabei eher.

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