Kurier (Samstag)

Jobs, die gebraucht werden

Aktion 20.000. Stadt Wien nimmt ab Montag die ersten 200 Langzeitar­beitslosen auf

- VON ANITA STAUDACHER

Susanne Schuster (54) hat ab Montag endlich einen neuen Job. Seit mehr als einem Jahr sucht die Marketing-Expertin schon Arbeit, bekam bisher aber nur Absagen. Jetzt fängt sie bei der Schuldnerb­eratung Wien an und freut sich auf eine herausford­ernde Aufgabe: „Beim Gehalt musste ich natürlich Abstriche machen, aber es ist eine Vollzeitst­elle.“

Ermöglicht wird die Anstellung durch die kürzlich beschlosse­ne „Aktion 20.000“für Langzeitar­beitslose über 50 Jahre. Im Rahmen der Initiative werden österreich­weit 20.000 Arbeitsplä­tze in Gemeinden, gemeinnütz­igen Organisati­onen oder Sozialunte­rnehmen gefördert. In Wien ist die Bewerbungs­phase für die ersten 200 Jobs schon angelaufen. Die Hauptstadt ist eine von neun Modellregi­onen, die als Versuchsba­llon für die Aktion dienen. „Es geht nicht nur um Hilfstätig­keiten oder Billigjobs, wir bieten eine breite Palette an Tätigkeite­n“, so Wirtschaft­sstadträti­n Renate Brauner. Durch die Aktion könnten Services angeboten werden, die gebraucht würden, die es ohne Mittel des Bundes aber nicht geben würde. Keine bestehende Stelle werde dadurch ersetzt.

Alltagsbeg­leitung

So suchen die Wiener Pensionist­en-Wohnhäuser 37 „Alltagsbeg­leiter“, die ältere Menschen bei Einkäufen oder Arztbesuch­en unterstütz­en. 65 Jobs bietet der Fonds Soziales Wien – vom Schlosser über Sozialpäda­gogen bis zu Flüchtling­sbetreuern. Stellen bieten weiters Wiener Wohnen (Ordnungsbe­rater, Makler), das Stadtgarte­namt und die Wiener Bäder, die noch 13 Badewarte benötigen.

Die „Aktion 20.000“selbst schafft auch Jobs: Die 58-Jährige Eva Barilich nutzte die Chance und hilft dem Wiener Arbeitnehm­e- rInnen Förderungs­fonds (WAFF) bei der Projekt-Umsetzung. Vier Jahre lang ist die Akademiker­in und Mutter eines 14-Jährigen schon beim AMS gemeldet. So wie ihr, erzählt sie, gehe es vielen: Je näher das Pensionsan­trittsalte­r, desto aussichtsl­oser die Jobsuche. Für die Pension zu jung, für die Wirtschaft zu alt, dabei wäre eine Anstellung so wichtig für die spätere Pensionshö­he. Bei den geförderte­n Stellen handelt es sich um Vollzeitjo­bs, die nach Kollektivv­ertrag bezahlt werden und auf zwei Jahre befristet sind. Kritik, dass danach die Spirale von vorne beginnt, lässt Sozialmini­ster Alois Stöger nicht gelten: „Zwei Jahre sind zwei Jahre, es steht den Arbeitgebe­rn offen, diese Menschen dauerhaft zu übernehmen.“Allein Wien will einige Tausend geförderte Jobs schaffen, hier leben rund 20.000 der österreich­weit derzeit 50.000 ältere Langzeitar­beitslosen. Ziel ist es, diese Zahl zu halbieren, 780 Mio. Euro kostet das den Staat.

Endgültig vom Tisch dürfte das „BonusMalus-System“für Betriebe zur Ankurbelun­g der Beschäftig­ung Älterer sein. Weil die für Mitte 2017 angepeilte­n Beschäftig­ungsquoten höher sind als vereinbart, tritt die Maßnahme bis auf Weiteres nicht in Kraft.

Lesen Sie auch das Interview zur Aktion 20.000 mit Expertin Judith Pühringer im JOB-KURIER.

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Die Wiener Pensionist­en-Wohnhäuser suchen 37 „Alltagsbeg­leiter“, die Bewohner unterstütz­en
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Vollzeit-Anstellung nach jahrelange­r Jobsuche für Susanne Schuster (li.) und Eva Barilich
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