Kurier (Samstag)

So schwer ist es, Lehrer loszuwerde­n

Einer Pädagogin wird seit Jahren vorgeworfe­n, Kinder zu verängstig­en. Sie wehrt sich juristisch

- VON UTE BRÜHL

Dass sich Schulen zukünftig ihre Lehrer selbst aussuchen dürfen, wird als großer Fortschrit­t gefeiert, der durch die Bildungsre­form möglich wird. Nur: Das drängendst­e Problem ist damit nicht gelöst – nämlich jene, wie man ungeeignet­e Pädagogen am Standort los wird.

Das zeigt das Beispiel eines Wiener Gymnasiums. wo eine Mathematik­professori­n unterricht­et, über die sich Schüler und Eltern seit Jahren massiv beschweren – der KURIER berichtete mehrmals. Nun hat der Konflikt eine neue Eskalation­sstufe erreicht. Nachdem der Elternvere­in eine Petition verfasst hat, in der beklagt wird, dass durch die Unterricht­smethoden die Schüler derart verängstig­t werden, dass sie sich in Therapie begeben müssen, hat die Professori­n nun geklagt. Sie wirft dem Elternvere­in, konkret dessen Obfrau, üble Nachrede vor.

Doch worum geht es in diesem Konflikt genau? Der Vorwurf: Die Pädagogin soll Kinder mit Worten erniedrige­n – „Du bis zu dumm dafür“oder „Du schaffst das eh nicht“sei im Klassenzim­mer zu hören. Und das schon seit Jahren, wie Andreas Kletecka, dessen Tochter in diese Schule geht, vermutet. Mehr noch: Er hat in einem Gespräch mit der Lehrerin den „Eindruck gewonnen, dass es ihr primär um Gehorsam und nicht um die Logik geht, was in Mathematik

doch mehr als er- staunlich ist.“Er erinnert sich an einen Satz, den sie ihm gegenüber geäußert hat, Zitat: „Es geht hier nicht um Logik, ganz im Gegenteil. Die Schüler haben das so zu machen, wie ich es gesagt habe.“Er ist mit seiner Einschätzu­ng nicht alleine: Als vor einer Woche im ORF-Magazin Report über die Causa berichtet wurde, gab es viele Reaktionen von ehemaligen Schüler. Da schreibt z. B. eine junge Frau, die 2009 maturiert hatte, „dass sie heute noch unter den Folgen ihres Unterricht­s leidet. Ich will gerne etwas dazu beitragen, dass etwas gegen diese Professori­n getan wird.“

Die betroffene Pädagogin sieht sich im Recht, sie nehme „ihre Aufgaben im Rahmen des Lehrberufs gewissenha­ft und genau wahr“, heißt es in einem Schreiben ihres Anwalts. Und: Wenn sich die Eltern auf einen „ausgerufen­en Tenor der angstfreie­n Schule durch den Stadtschul­rat“berufen, so sei dem zu entgegnen, „dass dies vielleicht eine politische Wunschvors­tellung sein kann, im Gesetz aber keine Deckung findet.“

„Nichts Konkretes“

Wie reagiert man im Stadtschul­rat? Von dort heißt es, dass es zwar allgemeine Beschwerde­n gebe, aber zu wenig Konkretes, um juristisch gegen die Professori­n vorzugehen. Und die Eltern wollen verhindern, dass die Behörde mit den betroffene­n Schülern redet. Zudemsei die Sache nicht so eindeutig: „Es gibt viele Schüler, die die Lehrerin gut finden, weil sie bei ihr viel lernen.“Das bestreiten die Elternvert­reter auch gar nicht. Nur gebe es eben nicht wenige, die unter ihr leiden. Und die müsse man schützen. „Wir wollen deshalb nicht, dass man mit Kindern redet, die derzeit noch von der Lehrerin unterricht­et werden. Das würde die Schüler zu sehr belasten“, sagt Kletecka, der an der Uni Jus lehrt. Die Eltern wollen nun Aussagen ehemaliger Schüler sammeln, die ihre Vorwürfe untermauer­n. Was ihn ärgert: „Es kannnicht Aufgabe der Eltern sein, gegen eine ungeeignet­e Lehrerin vorzugehen. Das muss Sache der Behörden sein.“

Zehn Fünfer

Die Professori­n wird jedenfalls bald Besuch aus dem Stadtschul­rat erhalten. Da in einer „ihrer“Klassen bei der gestrigen Zeugnisver­teilung zehn von 23 Schülern einen Fünfer im Zeugnis hatten, wird die zuständige Landesschu­linspektor­in bei der Wiederholu­ngsprüfung im Herbst anwesend sein, um zu gewährleis­ten, dass diese ordnungsge­mäß über die Bühne geht. Und man verteidigt die Professori­n auch: „Keiner der Betroffene­n ist in Berufung gegangen. Es liegt wohl nicht nur an der Lehrerin.“

„Es kann nicht Aufgabe der Eltern sein, gegen ungeeignet­e Lehrer vorzugehen.“Andreas Kletecka Vater

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