Der Dreh mit dem Rexglas
Lifestyle. Das wiederbelebte Unternehmen verkaufte 2016 15 Millionen Stück der legendären Konservengläser
Fischen, Backen, Kochen – die renommierte Trendforscherin Lidewij Edelkoort sieht eine neue Ära angebrochen. Die Menschen sehnen sich nach Rustikalität und lassen alte Handwerkskünste wie Brot backen und Einkochen wieder aufleben. Städter holen sich ein Stück Landleben in ihr urbanes Habitat: Wir trinken aus Schraubgläsern, stecken Blumen nicht mehr in die Vase, schichten unser Mittagessen fürs Büro in Gläser und stapeln eingelegte Schmankerln in unseren Regalen, als wären diese kostbare Bücher. Noch nie gehörten Rexgläser so sehr zum Lifestyle wie heute.
Auch die Geschichte von Weck – so werden die Einmachgläser in Deutschland genannt – begann mit der Sehnsucht nach Natur: Der Deutsche Johann Weck galt im Jahr 1895 als Sonderling – er verzichtete auf Fleisch, verweigerte Alkohol und zog ausschließlich wegen seiner Naturverbundenheit an die Schweizer Grenze nach Öflingen. In der obstreichen Gegend fühlte er sich wohl, von hier aus wollte er das Geschäft mit den Einmachglä- sern vorantreiben. An dieser Stelle könnte die Geschichte enden, denn jeder kennt diese Erfolgsstory.
Glas ist nachhaltig
Dabei war der Erfolg keinesfalls linear: Der österreichische Ableger Rex musste seine Produktion 1982 sogar vollkommen einstellen. Nikolaus Tomsich, Verkaufsleiter von Müller Glas & Co: „Durch die Plastikwelle in den 70ern und den Einzug von Kühlschränken war Einkochen und Einlegen nicht mehr notwendig. Jetzt konnte jeder sogar selber das Vorgekochte in der Tupperware einfach einfrieren.“Derzeit ist wiederum Plastik in Verruf: Vor zwei Jahren belebte das Unternehmen die Marke Rex wieder – seitdem wächst das Geschäft rasant: 2016 wurden 15 Millionen Konservengläser (inklusive Export und Industrie) verkauft und ein Umsatz in der Höhe von 40 Mio. Euro erzielt. Mit der jüngeren Marke„myRex“setzt das Unternehmen ab diesem Sommer auf einen Schraubverschluss. Hygienisch gesehen kein Unterschied zu Glasdeckeln und Klammern – aber bequemer für die trendaffine Generation.