Kurier (Samstag)

Kunsthalle Krems neu: Es lebe der Oberlichts­aal!

- VON MICHAEL HUBER

Nach dem Umbau präsentier­t sich das Haus als erste Adresse für aktuelle Formen der Malerei. Wer gute aktuelle Malerei sehen will, muss nach Krems: So könnte der Slogan für die dortige Kunsthalle, die nach umbaubedin­gter Programmpa­use heute, Samstag, offiziell wieder eröffnet, lauten.

Die Positionie­rung ergibt sich nicht nur aus der Vorgeschic­hte von Florian Steininger, der die Institutio­n seit einem Jahr leitet. Sie ist auch taktisch klug: Mit dem Essl Museum wurde einer der zentralen Malerei-Schauräume des Landes geschlosse­n, viele Wiener Institutio­nen richten ihren Fokus heute auf malereifre­mde Formate oder bauen gerade um.

Während also das Wiener Künstlerha­us künftig keinen Oberlichts­aal mehr haben wird, hat die neue Kunsthalle Krems gleich zwei: Der eine, kleinere, bildet den Auftakt der Schau „Abstract Painting Now!“, die auch eine programmat­ische Ansage Steininger­s ist. Es ist ein Querschnit­t durch die Welt heutiger abstrakter Malerei – und dass diese Kunstform tot sei, wird nach einem Rundgang niemand mehr behaupten.

Von der Auslöschun­g der Farbe (Gerhard Richter, Herbert Brandl) bis zum lockeriron­ischen Umgang mit Pinsel und Spritzpist­ole (Katharina Grosse, Albert Oehlen) reicht das Spektrum, das allein der erste Saal skizziert. Auch danach zeigt sich: Die Malerei der vergangene­n Jahre hat alle Debatten über ihre Möglichkei­ten und Grenzen aufgesogen wie ein Schwamm. Selbiges behauptete auch die Schau „Painting 2.0“im Vorjahr im Wiener mumok – doch während diese stark vom Theoriesem­inar aus gedacht war, geht Steininger intuitiver vor.

Ein idealer Raum

Unterstütz­t wird er dabei von der Architektu­r, die unter Leitung der Architekte­n Marte.Marte, die auch die derzeit nebenan entstehend­e Landesgale­rie NÖ planten, revitalisi­ert wurde.

Die Besucher wandeln jetzt durch eine Allee wieder freigelegt­er Säulen, hinter denen die wenigen Trennwände zurücktret­en. Der helle graue Boden verstärkt die puristisch­e, nie kalte Atmosphäre, es ergeben sich herrliche Blickachse­n.

Steininger vertraut auf diese visuellen Bezüge und verzichtet auf einen lehrbuchmä­ßigen Parcours. So schweift der Blick von monochrome­r Malerei (Rudolf Stingel, Joseph Marioni) zu gestischer Pinselarbe­it (Otto Zitko) zu geometrisc­hen Bildern (Sarah Morris). Etablierte und eher unbekannte Namenhänge­n Seite an Seite, und auch wenn ein Großformat Gerhard Richters unweigerli­ch zu Spekulatio­nen über dessen Marktwert anregt, bleibt die Idee von Malerei als Ware und Trophäe weitgehend ausgeklamm­ert.

Angesagt, na und?

Es ist daher fast müßig zu erwähnen, dass Tobias Pils, der die zweite Eröffnungs­Schau bestreitet, gerade als sehr „angesagt“gilt.

Die große, von Adolf Krischanit­z entworfene Halle wurde beim Umbauin den Urzustand versetzt, sodass sie nun wohl als größter Oberlichts­aal Österreich­s gelten darf. Pils ließ die Seitenwänd­e schwarz verbauen, so dass alle Aufmerksam­keit auf eine aus neun Gemälden bestehende Stirnwand fällt.

Es ist ein monumental­es Bildprogra­mm, das nicht nur wegen der an Picasso angelehnte­n Darstellun­g dreier Frauen an die großen Wandbilder der Moderne erinnert. Und so feiert das Werk Malerei als etwas, das sich nicht auf ein Handyforma­t reduzieren lässt: Diese Bilder wollen unmittelba­r erlebt werden.

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Tobias Pils’ Installati­on in der Kunsthalle Krems: Der große Saal ist wieder mit Tageslicht erhellt

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