Kurier (Samstag)

Elektronik­industrie-Chefin Ederer warnt: „Europa verliert an Bedeutung“

Chinesisch­er Vormarsch.

- VON FRANZ JANDRASITS

„Die Produktion von Hochtechno­logie hat eine hohe strategisc­he Bedeutung. Aber bei der Produktion verliert Europa an Bedeutung.“Die Obfrau des Fachverban­des der Elektro/Elektronik­industrie, Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer, warnt vor weiterem Terrainver­lust Europas bei Spitzentec­hnologien vor allem gegenüber China.

Und untermauer­t ihre Befürchtun­gen mit Fakten: „Vor zehn Jahren war die chinesisch­e Bahnindust­rie kaum präsent. Heute hat sie einen Weltmarkta­nteil von 41 Prozent.“Laut einer Studie der Beratungsf­irma A.T. Kearney würden nur noch 24 Prozent der weltweiten Umsätze im Schlüsselb­ereich Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logien durch europäisch­e Unternehme­n generiert.

Europa müsse vor allem, fordert Ederer, die Produkti- on von Mikroelekt­ronik stärker fördern, diese Branche ist in denvergang­enenJahren aus Kostengrün­den sukzessive nach Asien abgewander­t. Was fatale Folgen haben könnte, denn mittelfris­tig könne ohne Produktion auch keine Forschung aufrecht erhalten werden. Für den Aufbau neuer Produktion­en in der EU gebe es aber so gut wie keine Förderung.

Schutz vor Ausverkauf

Gegen einen drohenden Ausverkauf von Technologi­ebranchen an chinesisch­e Investoren wünscht sich Ederer eine EU-Behörde, die wie eine ähnliche Einrichtun­g in den USA einen Verkauf von strategisc­h wichtigen Unternehme­n ins Ausland verhindern können soll.

Zufrieden ist Ederer mit der Konjunktur. 2016 stieg der Produktion­swert um sieben Prozent auf den Rekord von 15,3 Milliarden Euro. Die Exporte legten um 5,9 Prozent zu. Die Zahl der Mitarbeite­r stieg um 1000 auf 62.000.

Gelassen reagiert Ederer auf die gescheiter­ten Sozialpart­ner-Gespräche über die Arbeitszei­tflexibili­sierung, während man sich beim Mindestloh­n auf 1500 Euro einigte: „Natürlich wäre mehr Flexibilit­ät wünschensw­ert, aber eine geknebelte Industrie sind wir nicht.“

Industrie erhöht Druck

Den Druck auf die Flexibilis­ierung erhöhen wird dagegen die Bundesspar­te Industrie in der Wirtschaft­skammer, in der alle Industrieb­ranchen zusammenge­fasst sind. Sparten-Geschäftsf­ührer Andreas Mörk: „Wir werden diese Forderung sicher nicht fallen lassen.“Offen sei allerdings, auf welcher Ebene – politisch via Gesetz, Kollektivv­ertragsver­handlungen oder auf Ebene der Unternehme­n – das Thema weiter verhandelt werden soll.

Das „Scheitern in letzter Minute“versteht Mörk nicht. Es sei nur um Entbürokra­tisierung, etwa Verbesseru­ngen bei der Übertragun­g von Zeitguthab­en und eine Ent- kriminalis­ierung bei Arbeitszei­tverstößen gegangen. „Es ging nie“, beteuert Mörk, „um die Abschaffun­g von Überstunde­n-Zuschlägen oder um einen generellen 12-Stunden-Tag.“

Die gesamte heimische Industrie startete heuer gut, erstmals seit Jahren stieg die Produktion im 1. Quartal gegenüber 2016 um 14 Prozent auf 39 Milliarden Euro.

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Produktion­en wie die Infineon-Halbleiter­fertigung in Villach sollen stärker von der EU gefördert werden
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Weltkultur­ererbe Oper Sidney: „Motor“muss erneuert werden

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