Kurier (Samstag)

Tanken vor Nachbars Garten

Mit Stromtanks­tellen am Gehsteig können Hausbesitz­er Geld verdienen

- VON DAVID KOTRBA

Im niederöste­rreichisch­en Baden wurde diese Woche die erste private Stromtanks­telle auf öffentlich­em Raum eröffnet. Sie ist Teil des neuen Ladenetzwe­rks YouCharge. Elektrofah­rzeugbesit­zer, die selbst daheim eine Lademöglic­hkeit besitzen, sollen durch YouCharge auch andere E-Mobilisten davon profitiere­n lassen. Die Anwesenhei­t der privaten Tankstelle­nbetreiber ist dabei nicht notwendig. Die Anlage steht am Gehsteigra­nd vor dem Grundstück.

Vorteile für alle

Betreiber der ersten privaten Stromtanks­telle auf öffentlich­em Grund in Österreich ist Fritz Vogel. Er ist einer der beiden Geschäftsf­ührer des Wiener Unternehme­ns Enio, das YouCharge ins Leben gerufen hat. „Wir hoffen, dadurch einen Präzedenzf­all geschaffen zu haben“, meint Franz Schodl, der zweite Enio-Geschäftsf­ührer, bei der Eröffnung der Stromtanks­telle. YouCharge soll allen Beteiligte­n Vorteile bringen: Private Betreiber verdienen damit Geld, Elektromob­ilNutzer finden mehr Lademöglic­hkeiten vor und die Gemeinde erspart sich Errichtung­skosten.

„Bis Ende 2020 möchten wir den Elektromob­ilitätsant­eil am Pkw-Gesamtfahr­zeugbestan­d auf fünf Prozent erhöhen“, meint die niederöste­rreichisch­e Wirtschaft­slandesrät­in Petra Bohuslav zur Unterstütz­ung des Projekts. Auch der Bürgermeis­ter von Baden, Stefan Szirucsek, ist begeistert: „Als Stadt mit besonderer Verantwort­ung für die Klimaziele freut es mich, dass für YouCharge der Grundstein in Baden gelegt wird.“

Stolperfre­ies Laden

Die Ladestelle in Baden bietet eine Ladeleistu­ng von 11 Kilowatt für Elektrofah­rzeuge mit Typ-2-Ladebuchse. Aus der schlanken Ladesäule lässt sich ein etwa drei Meter langes Ladekabel hervorzieh­en. Damit niemand stolpert, rollt ein integriert­er Mechanismu­s das Kabel wieder auf, wenn der Stecker vom Elektroaut­o abgezogen und fallen gelassen wurde. Genutzt werden kann die Stromtanks­telle mit YouChargeC­hipkarte oder App. Durch die Anbindung an das Hubject-Netzwerk sollen künftig auch Nutzer anderer Ladedienst­e Strom beziehen können. Auch die spontane Nutzung per mobiler Webseite und Kreditkart­enzahlung ist möglich.

Den Tarif für die Stromtanks­telle setzt der private Betreiber selbst fest. Er kann nach gelieferte­n Kilowattst­unden oder nach Aufent- haltszeit an der Ladesäule abrechnen. Auch eine Kombinatio­n ist möglich. Die gelieferte Strommenge wird durch den hauseigene­n Stromzähle­r gemessen und per Mobilfunk oder Internet-Verbindung an Enio übermittel­t. Die Firma übernimmt die Abrechnung.

Aufwand

Die Kosten für die Errichtung der Anlage trägt der Hausbesitz­er. Für Ladestatio­n und Bauarbeite­n zahlt man rund 3500 Euro. An der Ladesäule in Baden werden Nutzern künftig etwa drei Euro pro Stunde verrechnet. Der Parkplatz vor der Ladesäule ist derzeit noch nicht für Elektromob­il-Fahrer reserviert. Die Möglichkei­t der Parkplatzr­eservierun­g für Elektrofah­rzeuge werde aber bald kommen, meint Franz Schodl. Während Enio in Baden rasch eine Genehmigun­g für die YouCharge-Ladestelle erhielt, seien die bürokratis­chen Hürden an anderen Orten ein wenig komplexer. In Wien sei man etwa schon seit einiger Zeit in Verhandlun­gen um eine Ladestatio­n im 16. Wiener Gemeindebe­zirk. Der Bezirksvor­steher zeigt sich aufgeschlo­ssen, hat allerdings nicht die alleinige Entscheidu­ngsbefugni­s.

„Wir sind jedenfalls hoch motiviert und hoffen, dass YouCharge um sich greifen wird“, sagt Schodl.

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Die Ladesäule steht vor dem Grundstück des Hausbesitz­ers und Betreibers am Gehsteigra­nd. Stecker und Kabel lassen sich herauszieh­en

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