Kurier (Samstag)

„Hier fahren einfach die Besten“

Der Deutsche gewann 2015 sensatione­ll in Le Mans. In der Formel 1 tut er sich schwer – trotz Millioneng­age.

- VON FLORIAN PLAVEC

Nico Hülkenberg ist zweifellos eine große Nummer im Motorsport. 2015 gewann er bei seinem Ausf lug auf die Langstreck­e auf Anhieb den 24-Stunden-Klassiker von Le Mans. In der Formel 1 wartet der 29-jährige Deutsche noch immer auf den ersten Podestplat­z. Nicht immer hatte er das beste Gespür für die Wahl seiner Teams. Sauber und Force India waren nicht für ihre Zahlungsmo­ral bekannt. Zu Beginn dieser Saison wechselte er zum Renault-Werksteam – und fährt nun der Spitze hinterher. KURIER: Haben Sie heuer alle Gehälter pünktlich überwiesen bekommen? Nico Hülkenberg: Alles ist rundum gut, das passt. Wie sehen Sie Ihren Wechsel von Force India zu Renault? Man sagt, Sie verdienen zehn Millionen Euro in zwei Jahren. Also drei bis fünf Mal so viel wie zuvor. Aber Ihr altes Team ist sportlich vorne.

Ich habe alles richtig gemacht. Es war klar, dass es heuer ein kleiner Schritt zurück sein wird und dass wir Force India nicht schlagen können. Aber es geht um die Perspektiv­e, um 2019 und 2020. Ich glaube an das Potenzial dieses Teams und daran, dass es mir ein Auto hinstellt, mit dem ich um Siege mitfahren kann. Wann kommt der erste Sieg?

Das ist Spekulatio­n. Das Team sagt offiziell, dass es 2019 um Siege mitfahren will. Aber es gibt in der Formel 1 keine Garantien. Es gibt nur harte Arbeit, Entscheidu­ngen, Budgets, die richtigen Leute. Von der Rezeptur her hat das Team aber alles, um Spitze zu werden. Wäre eine Formel-1-Karriere ohne Sieg unvollstän­dig?

Natürlich wäre das nicht befriedige­nd und nicht wünschensw­ert. Aber es gibt viele Karrieren, in denen es nicht geklappt hat. Ich versuche immer, das Beste rauszuhole­n aus dem, was ich habe. Spüren Sie im Team, dass ein Aufbruch stattfinde­t?

Sehr sogar. Wenn man in der Fabrik in Enstone ist oder in der Zentrale in Viry-Châtillon, wenn man die Infrastruk­tur sieht, wie sie modernisie­rt wird. Die Fabrik wird erweitert, es werden permanent neue Leute geholt: Designer, Ingenieure, Aerodynami­ker. Da geht schon etwas weiter. Alleine der Motor ist um ein paar Zehntel schneller geworden. Aber Fortschrit­te passieren nicht über Nacht, in der For- mel 1 muss manGeduld aufbringen, bis man seinen Ansprüchen gerecht wird. Mercedes und Ferrari sind uns voraus. Und auf dieses Level wollen wir auch. Sebastian Vettel und Sie kommen aus der selben Rennfahrer-Generation. Er ist vierfacher Weltmeiste­r. Was kann er besser? Oder war er vor allem im richtigen Moment am richtigen Ort?

Er hat vom Timing her einen glückliche­ren Verlauf gehabt. In der Red-Bull-Ära war er zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Aber er ist auch viel früher als ich in den Formelspor­t eingestieg­en, dadurch war er drei Jahre früher in der Formel 1 als ich. Welche Rolle haben Ihre Eltern auf Ihrem Weg in den Motorsport gespielt?

Eine große. Wenn man als kleiner Stöpsel mit sieben oder acht Jahren anfängt, geht ohneEltern nichts. Sie haben sich vor zwei Jahren in ein Langstreck­enauto gesetzt und die 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Wie ist so etwas möglich?

Ganz so einfach war es nicht. Wir haben zuvor getestet und sind ein anderes Rennen gefahren. Aber nach wie vor fahren hier in der Formel 1 die besten Fahrer der Welt, wir können uns mit allen Rennfahrer­n messen und in allen Rennserien mithalten. Das hat ja vor Kurzem auch Alonso beim Indy500 gezeigt. Die Qualität der Fahrer ist extrem hoch, die Autos sind die anspruchsv­ollsten und schnellste­n, die es gibt. Um sie fahren zu können, braucht man die kürzesten Reaktionsz­eiten und die meisten Kapazitäte­n. Wenn wir dann in andere Rennsport-Kategorien runtergehe­n, funktionie­rt das ganz gut. Wie gefällt Ihnen die Strecke hier in Spielberg?

Die schaut nur auf dem Papier einfach aus, aber es ist eine technische Strecke, man muss einen guten Rhythmus finden. Oft wird gesagt: Der Hülkenberg ist besser als sein Auto. Stimmt das?

Ja.

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